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     Hab Dank, schöner Ritter, der Frommheit dein,
Ich darf es doch nicht wagen;
Denn das verbot die Stiefmutter mein,
Solang’ ich Federn muß tragen.

     Die Nachtigall in Gedanken stand :
Ich thu nicht des Ritters Willen ;
Da griff er sie bei den Füßen klein,
Das Schicksal sollt’ er erfüllen.

     Er ging mit ihr wohl in sein Haus,
Verschloß die Fenster und Thüren,
Sie ward zu manchem Wunderthier,
Wie man soll hören und spüren.

     Erst wandelt sie sich in Bären und Leu’n,
Ist dann zur Schlange worden,
Zuletzt zu einem Lindwurm groß,
Der wollte den Ritter morden.

     Er schnitt sie mit einem Messerlein,
Daß Blut heraus thät fliessen,
Strar stand wie eine Blume klar
Eine Jungfrau ihm zu’n Füßen.

     Nun hab’ ich erlöst dich von deiner Noth
Und von deinen heimlichen Leiden,
So sage mir denn deine Abkunft gut
Von Vaters und Mutter Seiten.

Empfohlene Zitierweise:
Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_060.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)