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und bestellte sich ein einsames Zimmer, worin er sich mit dem Vögelein einsperrte. Das Vögelein, als es sah, wie er die Schlüssel herauszog und andere Zeichen eines Gefängnisses machte, fing an jämmerlich zu weinen und zu flehen, daß er es fliegen liesse; denn es däuchte ihm gar beklommen und angstvoll in dem verschlossenen Zimmer und es mußte an seine grünen Bäume und an die liebliche Freiheit denken. Aber der Mann machte sich aus dem Weinen und Flehen des Vögelchens nichts und wollte es nicht lassen. Da ward das Vögelein böse und fing an sich zu verwandeln, damit es den Mann erschreckte, daß er Thüren und Fenster öffnete und froh wäre, wenn das Vögelein davon flöge. So machte es sich zu Tigern und Löwen, zu Ottern und Schlangen, zu Skorpionen und Taranteln, zuletzt zu einem scheußlichen Lindwurm, der sich um den Mann flocht und mit giftiger Zunge auf ihn fuhr. Aber das alles schreckte ihn nicht sondern er blieb fest auf seinem Sinn, und das Vögelein mußte alle seine Arbeit verlieren und wieder ein Vögelein werden. Und der Mann stand in tiefen Gedanken, denn es fiel ihm etwas ein aus alten Mährchen. Und er zog ein Messer aus der Tasche und schnitt sich ein Loch in den kleinen Finger der linken Hand, der immer das

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_053.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)