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und gottesfürchtig war. Kaum hatte die Frau das schlimme Wort aus ihrem Munde gehen lassen, so waren alle die sieben niedlichen Kinderchen weg, als hätte sie ein Wind weggeblasen, und sieben bunte Mäuse liefen in der Stube herum mit rothen Köpfchen, wie die Röcke und Mützen der Kinder gewesen waren. Und Vater und Mutter erschracken so sehr, daß sie hätten zu Stein werden mögen. Da kam der Knecht herein und öffnete die Thüre, und die sieben bunten Mäuse liefen alle zugleich hinaus, und über die Flur auf den Hof hin; sie liefen aber sehr geschwind. Und als die Frau das sah, konnte sie sich nicht halten, denn es war ihr im Herzen, als wären die Mäuse ihre Kinder gewesen; und sie stürzte sich aus der Thüre heraus, und mußte den Mäusen nachlaufen.

Die sieben bunten Mäuse aber liefen den Weg entlang aus dem Dorfe heraus, immer sporenstreichs; und so liefen sie über das Pudminer Feld und das Günzer Feld und das Schoritzer Feld und durch die Krewe[1] und durch die Dumsewitzer Koppel. Und die Mutter lief ihnen ausser Athem nach, und konnte weder schreien noch weinen, und wußte nicht mehr, was sie that. So liefen die Mäuse über das Dumsewitzer Feld hin, und in einen


  1. Ein kleiner Wald.
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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_006.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)