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wollte. Die meisten Kinder sprangen nun alsbald auf und kuckten darnach, und auch Barbara die älteste stand auf und kuckte mit. Und die Kinder flüsterten und sprachen dies und das über den schönen Beutel und was wohl darin seyn mögte. Und es gelüstete sie so sehr, es zu wissen; und da riß eines den Beutel von dem Nagel, und Barbara öffnete die Schnur, womit er zugebunden war, und es fielen Aepfel und Nüsse heraus. Und als die Kinder die Aepfel und Nüsse auf dem Boden hinrollen sahen, vergaßen sie alles und daß es Festtag war und was die Mutter ihnen befohlen und aufgegeben hatte: sie setzten sich hin und schmausten Aepfel und knackten Nüsse und aßen alles rein auf. Als nun Vater und Mutter um den Mittag aus der Kirche zu Hause kamen, sah die Mutter die Nußschalen auf dem Boden liegen, und sie schaute nach dem Beutel und fand ihn nicht. Da erzürnte sie sich und ward böse zum ersten Male in ihrem Leben, und schalt die Kinder sehr und rief: Der Blitz! ich wollte, daß ihr Mausemärten[1] alle zu Mäusen würdet! Der Schwur war aber eine große Sünde, besonders weil es ein so heiliger und hoher Festtag war; sonst hätte Gott es der Bäuerin wohl vergeben, weil sie doch so fromm


  1. Mausmarten: ein kleiner Dieb, Mauser.
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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen. Erster Theil. Berlin 1818, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_1_005.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)