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sind, heirathen und verbringen, je nach Qualität der Gatten, in mehr oder weniger glücklicher Ehe ihr Leben. Es sind die sogenannten guten Hausfrauen, die in Pflichterfüllung und Sorge um die Erziehung und das Wohl ihrer Kinder ihr Ideal erblicken. Unser Aufsatz nun beschäftigt sich hauptsächlich mit dem andern Theile.

Diese Weiber rekrutieren sich hauptsächlich aus den vornehmeren Kreisen. Sie müssen – das ist selbstverständlich – auch etwas zu thun haben. Stuben reinigen, Kleider waschen, Essen kochen war ihr Metier nicht – hatten sie doch die höhere Töchterschule besucht und Klavierspielen gelernt – also mussten sie auf etwas anderes fallen. Dieses Andere war die Kunst und bald auch die Wissenschaft. Aus diesem, anfänglich harmlosen, Dilettieren hat sich mit der Zeit die moderne Frauenrechtlerin entwickelt. Ich will durchaus nicht bestreiten, dass bei einigen dieser emancipationslustigen Weiber andere, edlere, idealere Motive mitspielten, doch verschwinden sie in der Menge.

Obwohl dies nun bereits verschiedene Jahrzehnte so fort geht und nennenswerthe Erfolge bislang noch nicht erzielt worden sind, will das Weib seine Position nicht wieder aufgeben. Im Gegentheil, sie flöten auch heute noch: Wir können das auch, was Ihr Männer könnt, infolgedessen wollen wir es auch. Es ist abscheulich, uns eine untergeordnete Stellung anzuweisen. Gleichberechtigung des Geschlechtes muss auf jeden Fall eintreten. – Von Pflichten ist bekanntlich nie die Rede. – Wagt man es dann, schüchtern an dem Können zu zweifeln, so heisst es rasch: Wir hatten bislang noch nicht Zeit, unsere Talente ausreifen zu lassen. Diese Antwort die man stets bekommt, ist durchaus unzutreffend. Wenn es auch wahr ist, dass die Weiber erst seit einigen Jahrzehnten auf geistigem Felde thätig sind, so müsste sich doch in dieser Zeit irgend wie ein Einfluss geltend gemacht haben, der geistige Arbeit rechtfertigte. Auch mussten einige wirkliche Grössen herausgewachsen sein aus der Fülle, mit welcher die Weiber vertreten sind. Dies ist aber kaum der Fall. So lange es weibliche Schriftsteller giebt, ist die Litteratur, im Speciellen die Volkslitteratur, nur gesunken. Die trivialen Machwerke der Marlitt, Heimburg, Eschstruth, Werner[1], auch der Viebig, sowie das ungeheure Gros der Tagesschriftstellerinnen sind fast allein schuld an der Geschmacksverirrung, an welcher heute das Volk leidet. Die paar wirklich begnadeten Talente, zu welchen vielleicht die Ritter und die Ebner-Eschenbach zu rechnen sind, wiegen den Schaden nicht auf, auch würden sie, vorausgesetzt, dass sie geniale Naturen wären, sich selbst Bahn brechen. (Droste-Hülshoff etc.)

Auf anderem Gebiete ist es eher schlechter als besser. Wo sind die Komponistinnen, die Malerinnen, die Plastikerinnen, die durch ihre „Arbeiten“ etwas zur Berechtigung des ungeheuren Apparates, den die Frauenrechtlerinnen in Scene gesetzt haben, beitragen können.


  1. „Die Berliner Range“ von Margarethe Michaelson (alias Ernst Georgy) ist wieder ein krasses Beispiel.
Empfohlene Zitierweise:
Paul Julius Möbius: Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes. 5. veränderte Auflage. Marhold, Halle a. S. 1903, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_%C3%9Cber_den_physiologischen_Schwachsinn_des_Weibes_(M%C3%B6bius).djvu/94&oldid=- (Version vom 31.7.2018)