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Ehe kommen, denn es besteht die Vermuthung, Zweikinderehen möchten hier allzu häufig sein.] Als Gesammtergebniss ihrer Untersuchungen stellt sich den Vff. Folgendes dar. Für die meisten Gebiete „muss unumwunden anerkannt werden: da die Hinausschiebung geistiger Arbeit in ein späteres Lebensalter zuweilen Schädigung, oft directes Verkümmern des Könnens bedeutete, so ist in der Mehrzahl der Berufe zwischen geistigem und künstlerischem Schaffen und dem erfüllten Frauenleben ein Conflict unvermeidlich. Eine Lösung dieses Conflicts scheint uns ausgeschlossen, weil sowohl die Unterdrückung der Frau als Geschlechtswesen, als auch die Unterdrückung des Schaffenstriebes Gefahren für den Einzelnen wie die Allgemeinheit in sich birgt“. Wenn, wie die Vff. anerkennen, ein Widerspruch besteht zwischen dem natürlichen Berufe des Weibes und dem künstlerischen oder gelehrten Berufe, so versteht es sich von selbst, dass dieser wider die weibliche Natur ist, und dass die Weiber, die ihre Anlagen doch dazu treiben, von der weiblichen Natur abgewichen oder entartet sind. Die Vff. wollen von meinem Ausspruche, dass „gelehrte und künstlerische Frauen Ergebnisse der Entartung seien“, nichts wissen, aber ihr ganzes Buch ist nichts als ein Beweis für diesen Satz. Nur muss man das Wort Entartung nicht im populären Sinne verstehen und dabei nicht an etwas denken, das in jeder Hinsicht schlecht wäre. Auch die gefüllten Blumen sind entartet, obwohl sie uns sehr gut gefallen. In practischer Hinsicht ist den Vff. darin beizustimmen, dass der Widerspruch nicht zu lösen ist. Die ungewöhnlich begabten Mädchen werden geboren, wir mögen wollen oder nicht, und es wäre eine unnütze Grausamkeit, wenn man dem wirklichen weiblichen Talente Schwierigkeiten machen wollte. Die weiblichen Talent-Träger sind Opfer, sei es, dass sie um ihres Talentes willen auf den natürlichen Beruf verzichten, sei es, dass sie als Mütter versuchen müssen, zweien Herren zu dienen. Das ist nun nicht weiter schlimm, denn Opfer müssen gebracht werden, aber frevelhafter Leichtsinn wäre es, wenn man trotz der Erkenntniss des Widerspruches die Mädchen ohne Noth, d. h. ohne drängende Anlagen, in den Widerspruch hineintreiben wollte. Die Emancipation des Weibes ist gerechtfertigt,

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Paul Julius Möbius: Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes. 5. veränderte Auflage. Marhold, Halle a. S. 1903, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_%C3%9Cber_den_physiologischen_Schwachsinn_des_Weibes_(M%C3%B6bius).djvu/76&oldid=- (Version vom 31.7.2018)