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ausschliesslich durch den Wegfall der den Intellect anspornenden Erregung zu erklären sei.

Auch bei denen, die sich in den ersten Jahren der Ehe gut gehalten haben, beginnt der Verfall oft nach einigen Wochenbetten. Wie die Schönheit und die körperlichen Kräfte schwinden, so gehen auch die Geistesfähigkeiten zurück, und die Frauen „versimpeln“, wie es populär heisst. Oft wird die Sache nicht bemerkt, oder stört wenigstens nicht, weil die sog. Gemüthseigenschaften unverändert bleiben und im gewöhnlichen Leben keine geistigen Anforderungen an die Frau gestellt werden. Der aufmerksame Beobachter aber lässt sich nicht täuschen, und die Thatsächlichkeit dieses Versimpelns wird auch vielfach anerkannt. Die Damen der Emancipation haben sie oft ingrimmig erwähnt und natürlich darauf zurückgeführt, dass die entwürdigende Beschränkung auf Kinderstube und Küche zum geistigen Schwunde führe. Hier wie anderwärts beruht die Erklärung aus dem „milieu“ auf Oberflächlichkeit. Jene Beschränkung würde gar nicht eintreten, wenn besondere geistige Bedürfnisse vorhanden wären. Bei den relativ vielen Frauen, deren Gehirn dauerhafter angelegt ist, tritt sie auch wirklich nicht ein, oder, wenn die Verhältnisse in der That nur das Nothwendige zulassen, so bleibt die Geistesfrische trotz Kinder und Küche erhalten. Zweifellos fallen nicht Alle der Versimpelung anheim, ein Verhalten, das offenbar in angeborenen Eigenschaften seine Bedingungen hat, wenn es auch nicht immer gelingt, ein näheres Verständniss zu erreichen. Sehen wir von den vielen Schlechtausgestatteten ganz ab, deren geistiges Leben minimal ist und bei denen auch in der Blüthezeit von einem geistigen Blühen nichts zu bemerken ist, so mag man die Weiber einer Truppe vergleichen, die wiederholte Angriffe des Feindes, d. h. der Zeit, zu erdulden hat. Manche fallen schon in der ersten Schlacht, oder werden nach einigen Ehejahren schwach, andere halten sich länger, unterliegen aber allmählich, sei es, dass sie zu überaus schlichten Frauen werden, oder zu wunderlichen alten Jungfern verdorren. Aber auch die Uebrigbleibenden haben noch den Hauptansturm ihres Feindes auszuhalten, das Klimakterium. Je höher ein Wesen steht, um so später wird es reif. Schon dadurch, dass

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Paul Julius Möbius: Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes. 5. veränderte Auflage. Marhold, Halle a. S. 1903, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_%C3%9Cber_den_physiologischen_Schwachsinn_des_Weibes_(M%C3%B6bius).djvu/33&oldid=- (Version vom 31.7.2018)