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Uebung gefehlt, sie seien wie die afrikanischen Schwarzen von den muskelstarken Männern zu Sklaven gemacht worden, und in der Sklaverei sei ihr Geist verkümmert. An diese Behauptungen knüpfen sich gewöhnlich darwinistische Schwärmereien, die erworbene Gehirnatrophie habe sich vererbt, und umgekehrt sei zu erwarten, dass, wenn jetzt die Weiber ihr Gehirn übten, die Enkelinnen mit einem grossen Gehirn zur Welt kommen würden, Schwärmereien, die höchstens dann einen Sinn haben könnten, wenn es sich um Parthenogenesis handelte. Dreister, als es die „Feministen“ thun, kann man der Wahrheit gar nicht ins Gesicht schlagen. Am einfachsten ist es, auf die Gebiete hinzuweisen, die den Weibern jederzeit offen gestanden und auf denen sie sich nach Belieben bewegt haben. Die Musik z. B. ist doch nie männliche Domäne gewesen, im Gegentheile werden mehr Mädchen als Knaben in der Musik unterrichtet. Was ist nun dabei herausgekommen? Die Weiber singen und spielen zum Theile ganz gut, aber damit ist die Sache zu Ende. Wo ist der weibliche Componist, der einen Fortschritt bedeutete? In der Malerei besteht nicht wie in der Musik ein Gegensatz zwischen dem schaffenden und dem ausübenden Künstler, alle malen, und ob einer dabei schafft, das ist nicht immer leicht zu sagen. Jedoch sieht man ohne Schwierigkeit, dass die grosse Mehrzahl der weiblichen Maler der schöpferischen Phantasie ganz entbehrt und über eine mittelmässige Technik nicht hinauskommt: Blumen, Still-Leben, Portraits. Ganz selten findet man ein wirkliches Talent und dann pflegen auch andere Züge den geistigen Hermaphroditismus darzuthun. Der Mangel am Vermögen, zu combiniren, d. h. in der Kunst der Mangel an Phantasie, macht die weibliche Kunstübung im Grossen und Ganzen werthlos. Aehnlich ist es auf andern Feldern. Ich erinnere an die Geburtshilfe, deren Entwicklung die Weiber eher gehemmt als gefordert haben[1]. Auch die Erzählerinnen, die ja z. Th. recht anmuthig schildern, und die überaus seltenen Dichterinnen bewegen sich auf gebahnten Pfaden, wuchern mit den Münzen,


  1. Vergl. die Festrede M. Runge’s (Männliche und weibliche Frauenheilkunde, Göttingen, 1899), die mir erst nach Abfassung dieses Aufsatzes zugekommen ist. Vgl. auch: H. Schelenz, Frauen im Reiche Aeskulaps. Leipzig, 1900.
Empfohlene Zitierweise:
Paul Julius Möbius: Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes. 5. veränderte Auflage. Marhold , Halle a. S. 1903, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_%C3%9Cber_den_physiologischen_Schwachsinn_des_Weibes_(M%C3%B6bius).djvu/24&oldid=- (Version vom 31.7.2018)