Paul Julius Möbius: Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes. 5. veränderte Auflage | |
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Man kann vom physiologischen Schwachsinn des Weibes[1] in zwei Bedeutungen reden.
Es ist nicht leicht, zu sagen, was Schwachsinn sei. Man kann sagen: das, was zwischen Blödsinn und normalem Verhalten liegt. Indessen die Schwierigkeit liegt in der Abgrenzung des Schwachsinns gegen das normale Verhalten. Für das letztere haben wir nicht einmal ein deutsches Wort, denn Gesundheit ist durchaus nicht der passende Begriff, vollsinnig bezieht sich auf die Sinne, nicht auf den Sinn, scharfsinnig bedeutet eine Entwicklung des Sinnes über die Norm hinaus, geradsinnig geht auf das moralische Verhalten. Im gewöhnlichen Leben haben wir die Gegensätze: gescheit und dumm; gescheit ist einer, der unterscheiden kann, dem Dummen fehlt das kritische Vermögen. In der That dürfte zwischen der Dummheit und den leichten Formen des Schwachsinnes
- ↑ Es ist ganz ungehörig, zur Geschlechtsbezeichnung den Ausdruck „Frau“ zu verwenden. Frau ist die ehrende Anrede und bedeutet Herrin, Domina, Dame, aber nach unserem Sprachgebrauche darf nur die Verheirathete als Frau bezeichnet werden. Wenn man von einer Frauenfrage, Frauenversorgung u. s. w. spricht, so meint man vorwiegend die Angelegenheit der Weiber, die nicht Frau sind, denn die Frauen brauchen nicht versorgt zu werden u. s. w., sondern die Ledigen und die Wittwen; man drückt sich also falsch aus. Dem Manne steht das Weib gegenüber und der Plural heisst nicht die Frauen, sondern die Weiber. Wenn die Weiber sich ihres Namens schämen sollten, so ist das schlimm genug, aber kein Grund, die Sprache zu vergewaltigen.
Paul Julius Möbius: Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes. 5. veränderte Auflage. Marhold , Halle a. S. 1903, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_%C3%9Cber_den_physiologischen_Schwachsinn_des_Weibes_(M%C3%B6bius).djvu/15&oldid=- (Version vom 31.7.2018)