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III. Auszüge aus Collegenbriefen.
a)

Ich lese soeben die dritte Auflage „Ueber den physiologischen Schwachsinn des Weibes“. Ich brauche Ihnen wohl nicht mitzutheilen, dass ich als Frauenarzt natürlich in allen wesentlichen Punkten mit Ihnen übereinstimme. Um so mehr hat es mich empört, dass Sie Ihr Buch im Anhang mit der Wiedergabe so minderwerthiger Kritiken schänden; wenn es geistvolle Erwiderungen wären, würde der Werth Ihres Buches dadurch gehoben, aber derartig schwachsinnige (diesmal pathologische) Ergüsse wie von dem Baccalaureus sollten doch nicht abgedruckt werden. Dies ist Strassenkoth und gehört dorthin.

Ich richte – und dies ist der Zweck des Briefes – wie ich glaube im Namen vieler, die Bitte an Sie, bei weiteren Auflagen diese Kritiken fallen zu lassen. Höchstens wären die Kritiken der verschiedenen Frauen aufzunehmen, weil sie so amüsant und vor allem so schön das von Ihnen characterisirte Wesen des Weibes wiedergeben.


b)

Vielleicht komme ich einmal dazu, mich öffentlich zu Ihnen zu bekennen, obgleich meine schriftstellerische Thätigkeit sich in einer andern Richtung bewegt.

Diese Zeilen sind nun durch Zweierlei veranlasst. Einmal möchte ich mir erlauben, Sie auf eine längere Auslassung Nietzsche’s (Jenseits von Gut und Böse § 234 ff.) hinzuweisen, die Ihnen vielleicht entgangen ist. Er sagt da unter Anderm (§ 241): Im Grundprobleme „Mann und Weib“ vielleicht von gleichen Rechten, gleicher Erziehung, gleichen Ansprüchen und Verpflichtungen zu träumen: das ist ein typisches Zeichen von „Flachköpfigkeit“ u. s. w. Mir ist das aus der Seele geschrieben; mir ist die Abneigung gegen das „Mulier in ecclesia“ angeboren; und dass der Mann eine höhere Varietät des Homo sapiens L. darstellt, als das Weib, das ist, Sie heben es ja selber hervor, durch die Geschichte schon längst erwiesen. Es ist aber, fürchte ich, nutzlos, der Frauenbewegung entgegenzutreten. Diese wird weniger durch das Drängen der Frauen begünstigt als durch eine Verweiblichung der Männer. Hier liegt die grosse Gefahr und dieser bedenkliche Prozess kann erst mit der jähen Unterbrechung der ganzen jetzigen Entwicklung durch Kriege, Seuchen oder sonstige Naturereignisse zum Stillstand kommen.

Mit besonderer Genugthuung haben mich zwei von Ihnen in Ihrem

Empfohlene Zitierweise:
Paul Julius Möbius: Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes. 5. veränderte Auflage. Marhold, Halle a. S. 1903, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_%C3%9Cber_den_physiologischen_Schwachsinn_des_Weibes_(M%C3%B6bius).djvu/115&oldid=- (Version vom 31.7.2018)