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Weise ausdrückt. Man könnte vielleicht sogar sagen, dass auch bei jenen in geistiger Beziehung hervorragenden Frauen, bei welchen die Liebe keine erkennbare Rolle spielt, die einsam durch das Leben gingen, es doch die Liebe, und zwar die nach einem übersinnlichen Ziele gerichtete, die tiefe Herzenssehnsucht war, welche sie zu Schöpfungen befähigte, die ihnen unvergänglichen Ruhm brachten. Die Nonne Rosvitha im Mittelalter nimmt in der Weltliteratur unstreitig einen weit höheren Rang ein, als Dr. Möbius in jenem Zweige derselben, dem er zur Zierde gereicht, die grandiose deutsche Dichterin des vergangenen Jahrhunderts, Freifrau von Droste-Hülshoff, deren Werke die Unsterblichkeit errungen haben, hätte, wenn sie schwachsinnig gewesen wäre, nicht jenen mächtigen Eindruck auf die lesende Welt machen können und eine Madame de Sévigné und eine Madame de Stael zeigten ebenfalls keine Spuren von der geistigen Inferiorität des Weibes, ja, man wird es mir vielleicht aufs Wort glauben, wenn ich sage, dass ich so manchen braven Mann gekannt habe, den sie mit ihren Fähigkeiten thurmhoch überragten.

Von jenen Damen, welche heute unsere höheren Lehranstalten bevölkern und eine erfolgreiche Konkurrenz mit dem Geschlechte aufgenommen haben, welchem die sieben Weisen Griechenlands entstammten, will ich hier gar nicht sprechen; aber legen wir die Hand aufs Herz und gestehen es aufrichtig, wieviele Frauen wir schon gesehen haben, die nicht nur gebildeter, gemüthvoller und für den Kultus des Schönen empfänglicher, sondern auch im Allgemeinen klüger, berechnender, voraussehender waren, als ihre Männer. Wie manchen Mannes Los hätte eine bessere Wendung genommen, wenn er anstatt der Stimme seiner Schwächen und Leidenschaften, den Mahnungen und Warnungen seiner Frau gelauscht hätte.

Ich glaube übrigens, dass es Dr. Möbius mit seinem Lehrsatze von der „versimpelten Frau“ selbst gar nicht einmal so furchtbar ernst meint, wie er uns das glauben machen möchte, und zwar schliesse ich das aus dem Umstande, weil ich all diese Anschuldigungen der Frau schon wiederholt in den Schriften notorischer Weiberfeinde von Pater Abraham à Santa Clara bis zu Schopenhauer gelesen habe, von dem Heere der Nachahmer gar nicht zu reden, die keine andere Absicht hatten, als mit ihren Publikationen einiges Aufsehen zu machen. Freilich gelang es ihnen nicht, ihren Ausfällen ein so wissenschaftliches Mäntelchen umzuhängen, wie dem Dr. Möbius, aber die Welt wird immer schlimmer und die Konkurrenz immer grösser, und wenn man heute beachtet werden will, muss man entweder etwas sehr Kluges oder etwas sehr Apartes sagen. Hauptsächlich aber ist es Eines, weshalb ich nicht an die Doktrin der Schwachsinnigkeit der Frau glaube. Thackeray macht nämlich an einer Stelle in seinen Werken die wohl etwas frappirende, aber im Grunde doch ganz richtige Bemerkung, dass jede Frau, die nicht gerade einen Buckel hat, die Macht habe, unter geeigneten Umständen jeden ihr beliebigen Mann zu ihren Füssen niederzuzwingen. Wären die Frauen wirklich die schwachsinnigen Geschöpfe, als welche sie Dr. Möbius schildert, wie „versimpelt“ wären wir Männer erst, wenn wir

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Paul Julius Möbius: Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes. 5. veränderte Auflage. Marhold, Halle a. S. 1903, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_%C3%9Cber_den_physiologischen_Schwachsinn_des_Weibes_(M%C3%B6bius).djvu/112&oldid=- (Version vom 31.7.2018)