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es war alles umsonst. Berlin, Hamburg, Dresden – – na, wozu soll ich all die Städte aufzählen. Und dann verloren auch meine bisherigen Helfer so allmählich das Interesse an mir. Gewiß, Behörden und Ärzte kümmerten sich weiter um mich, und ich wäre ungerecht, wollte ich behaupten, man hätte nicht weitgehendstes Mitleid mit mir gehabt. Doch was nützte das mir, Kamerad?! Ich war ein Fremder unter Fremden, ich war Deutscher und war’s auch wieder nicht. Vielleicht – vielleicht bin ich einer von denen, die nach Kriegsausbruch aus allen Ecken der Welt das alte Vaterland zu erreichen suchten. Vielleicht habe ich zuletzt irgendwo im Auslande gewohnt – – irgendwo …“ Er machte eine hilflose Handbewegung. „Ich weiß es nicht … Ich weiß es nicht … Und weil ich ein Heimatloser, ein Namenloser geworden, folgte ich schließlich dem unruhigen Drängen einer geheimen Stimme meines Innern und begann als Seemann, als Steward, Schiffskoch oder Matrose die Welt zu durchreisen. Es ist da etwas in meiner Seele, Kamerad, das mich von Hafen zu Hafen treibt – wie Ahasver, den ewigen Juden, der auch zu ziellosem Wandern bis ans Ende der Dinge verurteilt ist …“

Ich hatte ihn, während er mir dies alles anvertraute, heimlich beobachtet. Eins wußte ich jetzt: Er log nicht! Er war kein Abenteurer, der sich irgendwie interessant machen wollte oder der wie ich Grund hatte, seine Persönlichkeit in Dunkel zu hüllen. Und noch etwas war mir gewiß: Dieser Unglückliche war ein gebildeter Mann! Schon seine letzte Bemerkung über Ahasver bewies dies, ebenso seine Ausdrucksweise und sein Benehmen. In

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Max Schraut: Das tote Hirn. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1930, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_tote_Hirn.pdf/37&oldid=- (Version vom 31.7.2018)