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lebensprühende Berlinerin war’s gewesen, die den Oberlehrer Doktor Abelsen heiratete, einen schwerblütigen, stumpfen echten Schweden von der Art, wie dieses Land sie nur zu oft hervorbringt, – Männer, zu tief veranlagt, um dem schnellen Rhythmus der modernen Zeit folgen zu können, – so tief veranlagt, daß das Einerlei des Alltags sie vorzeitig zu melancholischem Vegetieren verdammt. Daß zwei so grundverschiedene Naturen wie meine sonnige Mutter und mein niemals lächelnder Vater sich gegenseitig das Leben zur Hölle machen mußten, daß meine Mutter dahinwelkte und früh starb und mein Vater ihr aus Gram sehr bald folgte, denn auf seine Art hatte er sie ja geliebt, – war das ein Wunder?! Und das einzige Kind dieser unseligen Daseins-Nichtverwandtschaft war ich. Ich, in meinem Fühlen, Denken, Handeln weit mehr Deutscher als Schwede, ich, der die tote Mutter in seinem Herzen als Heilige verehrte und nie von ihr sprach – nie!

Die Schminkstifte unauffällig zu benutzen, war nicht ganz so einfach für einen Laien auf dem Gebiete der Gesichtsveränderung. Nach mehreren mißglückten Versuchen war ich mit dem rotwangigen Gesicht Olaf Karl Abelsens – nein doch, des Chauffeurs Gunnar Aalfström zufrieden. Ich hatte ja auch Aalfströms Paß an mich genommen, ohne den ich niemals das Fährschiff nach Saßnitz hätte betreten können, da jetzt so kurz nach dem Ende des großen Völkermordens die Grenzkontrolle noch sehr scharf gehandhabt wurde.

Ich wanderte dem Hafen zu. Trelleborg ist ein elendes, reizloses Nest, und wer von den

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Max Schraut: Das tote Hirn. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1930, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_tote_Hirn.pdf/17&oldid=- (Version vom 31.7.2018)