Ich hatte das Papier in der Rechten, in der Linken die Taschenlampe. Meine Gedanken flattern, kommen langsam zur Ruhe.
Ruhe …
Stille … Ja – jetzt wird’s mir erst bewußt, wie unheimlich still es auf dem Torstensen geworden. Totenstill. Auch nicht das geringste Geräusch … Nichts … nichts … Totenstille, so qualvoll, wie die Nächte im Zuchthaus in der Einzelzelle, wo nur Wanzen und Flöhe meine Gefährten waren …
Unheimlich, diese Ruhe … Ich lausche, ich horche … Hitze kriecht mir in die Wangen, deren Stoppelbart mir so widerwärtig. Mein Herz beginnt zu hämmern … Und dieses dumpfe, rasche Pochen in der Brust ist der einzige Ton, der mein Ohr erreicht … Bis ein feines Klingen hinzukommt: mein Blut, – – Ohrensausen – Nerven!
Das Hitzegefühl weicht plötzlich eisigen Schauern …
Bitterkalt ist’s in der Kammer. Ich sehe den Hauch meines Mundes, den stoßweisen Atem …
Dann nochmals ein Blick auf den Zettel …
… Pflicht ruft …! – Pflicht ruft …?! Welche – – wohin?!
Ich komme mir ohne Gerda so grenzenlos verlassen vor … Empfinde es nur zu deutlich …
Max Schraut: Das tote Hirn. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1930, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_tote_Hirn.pdf/109&oldid=- (Version vom 31.7.2018)