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Walther Kabel: Das Tal der Tränen. In: Neues Deutsches Familienblatt, Jahrgang 1908, Heft 27–34, S. 209–210, 217–218, 225–226, 233–234, 241–242, 257–259, 265–266, 273–275

und ebenfalls abgestiegen, hatte die Zügel der beiden Pferde zusammengeknotet und seinen Karabiner aus dem Lederfutteral genommen.

„Den Hund lassen wir hier,“ bestimmte Mia jetzt kurz, „und nun gehen Sie, bitte, von jener Stelle nach links am Rande des Kakteenfeldes entlang, während ich die andere Seite untersuche. Wir müssen jeden Einschnitt und jede Richtung genau durchforschen, da der Ausgang aus dieser Mausefalle nicht leicht zu finden sein wird. Wenn Sie ihn entdecken sollten, bleiben Sie nur stehen, bis ich zu Ihnen stoße. Ebenso treffen Sie mich dann, indem Sie dem Rande der Sträucher folgen. Auf Wiedersehen, dann, Master Richter!“ Mia schritt eilig davon, und war bald in der dunkeln Nacht verschwunden.

Gewissenhaft begann nun der Detektiv mit der Erledigung seiner Aufgabe, drang öfters unbekümmert um die drohenden Stacheln in das Gestrüpp ein, bis er endlich auf eine schmale, freie Stelle kam, die vielfach gewunden und sich oft scheinbar zwischen kleineren Kaktusgebüschen verlierend in die offene Steppe hinausführte. Nachdem er sich die einzelnen Biegungen des Pfades genau eingeprägt hatte, indem er langsam zurückging, lief er am Rande des freien Platzes entlang, und bald tauchte auch des Mädchens schlanke Gestalt vor ihm aus der grauen Finsternis auf.

„Sie haben den einen Ausgang gefunden, nicht wahr?“ fragte sie ihn hastig. „Aber wichtiger für unser Vorhaben dürfte dieser sehr geschickt verborgene zweite Weg sein, der anscheinend in der Richtung des Feuerscheins verläuft. Sehen Sie, Master Richter, wie schlau man den Eingang durch diese zusammengeflochtene Hecke, die sich wie eine Tür aufziehen läßt, verborgen hat! Wahrscheinlich endigt dieser Pfad in der Mitte des großen Kaktusfeldes, daß ich bisher für unpassierbar hielt und das eine Ausdehnung von einer Quadratmeile haben dürfte. Jedenfalls gibt es gar kein besseres Versteck, als diesen undurchdringlichen Stachelwald! Nun, wir werden jetzt bald wissen, wer die Leute sind, deren Feuer da vor uns durch die Nacht leuchtet.“ Damit legte Mia die kurze Büchse nach Jägerart in den Arm und ging den engen Weg voraus, der, wie man deutlich sehen konnte, durch Herausreißen einzelner Stauden künstlich erbreitert war.

(Fortsetzung folgt.)
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Walther Kabel: Das Tal der Tränen. In: Neues Deutsches Familienblatt, Jahrgang 1908, Heft 27–34, S. 209–210, 217–218, 225–226, 233–234, 241–242, 257–259, 265–266, 273–275. W. Kohlhammer, Stuttgart 1908, Seite 259. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Tal_der_Tr%C3%A4nen.pdf/13&oldid=- (Version vom 31.7.2018)