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Das Tagebuch lautet:

In einer deutschen Stadt, Juli 1924.

Mein Name soll geheim bleiben, muß es bleiben. Und ich hoffe, daß dieser mein erster schriftstellerischer Versuch mir keine Ungelegenheiten bereiten wird. Ich lege keinen Wert darauf, wegen Mordes angeklagt zu werden. Das wären nämlich die Ungelegenheiten.

Ich bin von Beruf Maler. Einer jener Maler, die Dutzendware liefern. Ich werde es auch nie weiterbringen, denn mir fehlt zum wahrhaft großen Künstler das Genie. Ich bin nur Handwerker. –

Im April dieses Jahres bezog ich ein neues Heim draußen in der Vorstadt in einem älteren, einstöckigen Hause, das nur vier Mietsparteien beherbergte. Der Wirt, ein alter Herr namens Winter (er hieß anders) überließ mir die beiden Mansardenzimmer für einen lächerlich geringen Preis, nachdem ich ihm mein Leid geklagt hatte: dauernde Geldknappheit!

Am 3. April zog ich mit meinem elenden Hausrat ein. Und dieser 3. April sollte entscheidend für mein ganzes ferneres Leben werden.

Denn: ich lernte Hilde kennen, Hilde Winter, Tochter des verwitweten Hausbesitzers, einen blonden Engel, der sehr bald mein ganzes Seelenleben in andere Bahnen lenkte.

Hilde öffnete mir die Haustür, als ich mit meinen Sachen anrückte. Der Handwagen, den ein Dienstmann schob, war draußen auf der Straße stehen geblieben, und der Dienstmann trocknete sich den Schweiß von der Stirn, während ich mich Hilde vorstellte …

„Ich weiß Bescheid, Herr Hubert,“ nickte sie. (Ich heiße natürlich nicht Hubert.) „Papa hat mir gesagt, daß wir Sie heute erwarten könnten. Bitte, hier sind die Schlüssel zu den beiden Stübchen.“

Ich war entzückt über diese Hausgenossin. Noch nie

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Das Kreuz auf der Stirn. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1925, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Kreuz_auf_der_Stirn.pdf/5&oldid=- (Version vom 31.7.2018)