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gehabt – mit … zwei Menschen, die vielleicht ermordet worden sind … –

Bevor ich weiterschreibe, fülle ich das Kognakglas von neuem, da mir die Hand noch immer zittert – – wie im Krampf … –

So – jetzt also die Schilderung des ersten Stelldicheins …

Der bewaldete Brauberg bildet mit seiner Umgebung eine Art Stadtpark. Ich kenne ihn sehr genau, da ich dort häufig nach der Natur gemalt habe …

Die Nacht war mondhell. Ich langte kurz vor zwölf in der Nähe des Pavillons an und hatte in der Linken meine eingeschaltete Taschenlampe, die Rechte aber in der Manteltasche an der Mauserpistole …

Der Pavillon ist nach Norden zu offen, und bei klarem Wetter sieht man in der Ferne die See, das Meer …

Ich nähere mich etwas vorsichtig … Trete ein … Stutze … Pralle zurück …

Vor mir liegt die alte hagere Frau, die mir den Zettel gab …

Auf dem Rücken liegt sie …

Mit verzerrtem Gesicht, verdrehten Augen …

Tot …

Tot – denn ich habe wirklich den Mut gefunden, mich über sie zu beugen … und da habe ich an ihrem Halse die entsetzliche Wunde und auf dem Boden die Unmenge Blut gesehen … Da bin ich davongerannt wie ein Wahnsinniger …

Wahnsinniger …

Ein Wunder das?!

Und bin erst ruhiger geworden, als ich die erste erleuchtete Straße erreichte …

Bin zum Bahnhof gegangen, der in der Nähe liegt, und habe dort drei Schnäpse getrunken …

Ich bin hierdurch wieder Mensch geworden … –

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Das Kreuz auf der Stirn. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1925, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Kreuz_auf_der_Stirn.pdf/16&oldid=- (Version vom 31.7.2018)