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Handgelenke, und bevor noch der Gedanke, der Feind schnüre mir die Hände zusammen, sich aus dem halb blutleeren, fiebernden Hirn deutlich herausgeschält hat, ist das Werk bereits getan, der Erdfahle hat mir auch die Füße gebunden, und das Hochschnellen meines Oberkörpers und meinen bewußten Blick erwidert er nur mit einer so drohenden Geste, daß ich schleunigst darauf verzichte, mit meinem eigenen Jagdmesser nähere Bekanntschaft zu machen.

Ich sitze im Geröll, schwanke hin und her, fühle das immer erneut mich packende wilde Kreisen, und schaue mit umnebelten Augen dem seltsamen Treiben zu, das mein Feind, jetzt nur noch um die goldene Kette und die Münze sich mühend, wie ein fanatischer Gläubiger irgend einer tollen Sekte mit seinem güldenen Halsschmuck feierlich und hastig einleitet.

Von dem Stapel Wrackholz holt der Fremde ein trockenes, morsches Brett, zerschlägt es, schichtet das Holz zu einem sauberen Viereck auf, zündet es an mit einem meiner wenigen Schwefelhölzer, kniet nieder und wendet das Gesicht gen Osten, hält Kette und Münze über die Flammen und beginnt einen eintönigen Gesang, dessen immer wiederkehrende Melodie, kaum sechs, sieben Takte, an die Tempelgesänge der Derwische erinnern.

Sie bohrt sich ein in das Hirn, und die Verrenkungen des betenden, singenden, plärrenden Fremden wirken grotesk und erschreckend und steigern sich zu tollem Hin- und Herschleudern des Kopfes, des Oberleibes.

Das Holz qualmt, knistert, – – die goldene Kette hängt in leckenden Flammenzungen, und allmählich begreife ich, daß der Erdfahle hier nach

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Max Schraut: Das Bergwerk der Abgeschiedenen. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1931, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Bergwerk_der_Abgeschiedenen.pdf/12&oldid=- (Version vom 30.6.2018)