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unverwüstliche Kraft zu besitzen, der die Zeit nichts anzuhaben vermag; dieses schmerzlich-selige Empfinden bleibt denen unvergessen, die es einmal erlebt haben, und, wenn sie sich auch selbst nachträglich von der Religion emanzipiert haben, ist es ihnen eine heilige Erinnerung.


Diesen „Augustin“ hat die abendländische Kirche, eben als sie sich zum Antritt der Herrschaft anschickte, in sich aufgenommen, aufnehmen müssen. Sie war ihm gegenüber ganz wehrlos; sie hatte ihm aus ihrer letzten Vergangenheit so wenig innerlich Wertvolles entgegenzusetzen, daß sie willenlos kapitulierte. So ist die erstaunliche „complexio oppositorum“ im abendländischen Katholizismus entstanden: die Kirche des Ritus, des Rechts, der Politik, der Weltherrschaft, und die Kirche, in welcher eine höchst individuelle, zarte, sublimierte Sünden- und Gnadenempfindung und -Lehre in Wirksamkeit gesetzt wird. Das Äußerlichste und das Innerlichste sollen sich verbinden! Ganz aufrichtig konnte dies von Anfang an nicht geschehen; die innere Spannung und der Widerstreit mußten sofort beginnen; die Geschichte des abendländischen Katholizismus ist von ihm erfüllt. Aber bis zu einem gewissen Grade sind die Gegensätze vereinbar, wenigstens in denselben Menschen vereinbar. Das bezeugt kein Geringerer als Augustin selbst, der auch ein entschlossener Kirchenmann gewesen ist, ja das Ansehen und die Macht der äußeren Kirche samt ihrer ganzen Ausstattung aufs kräftigste gefördert hat. Wie ihm das möglich gewesen ist, das vermag ich hier nicht auszuführen; daß innere Widersprüche dabei nicht fehlen konnten, liegt auf der Hand. Wir konstatieren nur noch das Doppelte: erstlich, daß die äußere Kirche den innerlichen Augustinismus immer mehr zurückgedrängt, umgewandelt und modifiziert hat, ohne ihn doch ganz austilgen zu können; zweitens, daß alle die großen Persönlichkeiten, die in der abendländischen Kirche immer wieder neues Leben entzündet und die Frömmigkeit gereinigt und vertieft haben, direkt oder indirekt von Augustin ausgegangen sind und sich an ihm gebildet haben. Die lange Kette katholischer Reformer von Agobard und Claudius von Turin im 9. Jahrhundert bis zu den Jansenisten des 17. und 18. Jahrhunderts und über sie hinaus ist augustinisch. Und wenn das tridentinische Konzil mit Recht in vieler Hinsicht ein Reformkonzil genannt werden darf, wenn dort die Lehre von Sünde,

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Adolf von Harnack: Das Wesen des Christentums. J. C. Hinrichs, Leipzig 1900, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DasWesenDesChristentums.djvu/166&oldid=- (Version vom 30.6.2018)