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Welch ein Beweis für den Eindruck der Predigt von Christus ist es, daß griechische Philosophen ihn mit dem Logos zu identifizieren vermochten! Durch nichts war es vorbereitet, in einer geschichtlichen Person die Inkarnation desselben zu konstatieren, niemals ist es einem spekulierenden Juden eingefallen, den Messias und den Logos zu identifizieren; niemals ist einem Philo z. B. diese Gleichsetzung in den Sinn gekommen! Sie gab einer geschichtlichen Thatsache metaphysische Bedeutung; sie zog eine in Raum und Zeit erschienene Person in die Kosmologie und Religionsphilosophie; indem sie aber eine Person so auszeichnete, führte sie die Geschichte überhaupt auf die Höhe der Weltbewegung.

Die Identifizierung des Logos mit Christus wurde der entscheidende Punkt für die Verschmelzung der griechischen Philosophie mit dem apostolischen Erbe und führte die denkenden Griechen zu diesem. Für die Mehrzahl unter uns ist jene Identifizierung unannehmbar, weil das Denken über Welt und Ethik uns überhaupt nicht auf einen wesenhaften Logos führt. Aber man müßte blind sein, um zu verkennen, daß für jenes Zeitalter der Logos die zweckmäßige Formel gewesen ist, um die christliche Religion mit dem griechischen Denken zu verbinden, und es ist auch heute noch nicht schwer, ihr einen haltbaren Sinn abzugewinnen. Aber lediglich ein Segen ist sie nicht gewesen. In noch weit höherem Grade als die älteren Christusspekulationen hat sie das Interesse absorbiert, den Sinn von der Einfalt des Evangeliums abgezogen und es in steigendem Maße in eine Religionsphilosophie verwandelt. Der Satz: der Logos ist unter uns erschienen, hatte eine berauschende Wirkung; aber der Enthusiasmus und der Aufschwung der Seele, den er hervorrief, führten nicht sicher zu dem Gott, den Jesus Christus verkündigt hat.

3. Das Ausströmen eines ursprünglichen Elements und das Einströmen eines neuen, des griechischen, erklärt den großen Wandel, den die christliche Religion im 2. Jahrhundert erlebt hat, noch nicht vollständig. Man muß sich drittens des gewaltigen Kampfes erinnern, den sie innerhalb ihrer eigenen Grenzen damals gekämpft hat. Parallel nämlich mit dem langsamen Einströmen des griechisch-philosophischen Elements gingen auf der ganzen Linie Versuche, die man kurzweg als „akute Hellenisierung“ bezeichnen kann. Sie bieten uns das großartigste geschichtliche Schauspiel; in jener Epoche

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Adolf von Harnack: Das Wesen des Christentums. J. C. Hinrichs, Leipzig 1900, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DasWesenDesChristentums.djvu/132&oldid=- (Version vom 30.6.2018)