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gelium geschrieben, gutgemeinte Darstellungen, die Jesus Christus auf diese Weise verteidigen und empfehlen wollen. Aber unter denen, welche das Evangelium für eine wesentlich soziale Botschaft halten, finden sich auch solche, die den umgekehrten Schluß ziehen. Indem sie nachzuweisen suchen, daß in der Verkündigung Jesu alles auf eine wirtschaftliche Umgestaltung hinauslaufe, erklären sie das Evangelium für ein ganz utopisches, unbrauchbares Programm: Jesus schaute mit einem sanften, aber blöden Blick in diese Welt hinein; aus den unteren und gedrückten Ständen auftauchend, teilte er den Argwohn der kleinen Leute gegen die Großen und Reichen, verabscheute allen gewinnbringenden Handel und Wandel, verkannte die Notwendigkeit des Gütererwerbs und spielte demgemäß sein Programm darauf hinaus, eine allgemeine Armut in der „Welt“ – dafür hielt er Palästina – zu verbreiten und dann im Gegensatze zu dem irdischen Elend sein „Himmelreich“ zu erbauen, ein Programm, an sich undurchführbar und kräftige Naturen abstoßend. So ungefähr urteilt ein anderer Teil unter denen, die das Evangelium mit einer sozialen Botschaft identifizieren.

Aber dieser Gruppe, die, in der Betrachtung einig, in der Beurteilung auseinander geht, stehen andere gegenüber, die einen ganz entgegengesetzten Eindruck vom Evangelium aufgenommen haben. Sie erklären, jede direkte Teilnahme Jesu an den wirtschaftlichen und sozialen Zuständen seiner Zeit, und noch mehr, jede prinzipielle Teilnahme an ökonomischen Fragen überhaupt werde in das Evangelium lediglich hineingelesen; dieses habe mit wirtschaftlichen Fragen schlechterdings gar nichts zu thun. Jesus, so sagen sie, hat wohl Bilder und Paradigmen jenen Gebieten entlehnt und hat sich auch persönlich der Elenden, Armen und Kranken herzlich angenommen; aber seine rein religiöse Predigt und seine Heilandswirksamkeit habe die Verbesserung der irdischen Lage jener Leute schlechterdings nicht ins Auge gefaßt; man verweltliche daher seine Zwecke und Absichten, wenn man sie auf soziale Verhältnisse beziehe. Ja es giebt nicht wenige unter uns, die ihn für einen „Konservativen“, wie sie selbst sind, halten: er habe als „gottgesetzt“ alles respektiert, was an sozialen Unterschieden und Ordnungen damals vorhanden war.

Sie erkennen, hier sind sehr verschiedene Stimmen laut geworden, und mit Hartnäckigkeit und Eifer werden die verschiedenen Standpunkte vertreten. Wenn wir nun versuchen wollen, die den

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Adolf von Harnack: Das Wesen des Christentums. J. C. Hinrichs, Leipzig 1900, Seite 057. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DasWesenDesChristentums.djvu/061&oldid=- (Version vom 30.6.2018)