Seite:DasVierteBuchEsraGermanGunkelKautzsch2.djvu/04

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Lat. Syr ist im Wortlaute weniger getreu, giebt aber den Sinn vielfach gut wieder. Er hat einige Zusätze, z. B. 7,99. 6,1; doch ist sein Plus in manchen Fällen dem Lat vorzuziehen, z. B. 6,9. 13,3; er hat auch einige christliche Korrekturen 6,1. 7,28. Vgl. Wellhausen, Gött. Gel. Anz. 1896, S. 12. Aeth ist die drittbeste Übersetzung; er steht in manchem den Lat nahe und dient mehrfach zur Bekräftigung des Lat gegenüber Syr. — Ar¹ und Arm sind viel weniger getreu. Eine zweite griech. Übersetzung liegt in Ar² vor; vgl. oben. Doch hat Ar² auch Lesarten, die auf die erste griech. Übersetzung zurückgehen; vgl. 7,26.104. 9,19, wo er dieselbe griech. Verschreibung hat wie Lat. Der Text des Ar² scheint also ein Mischtext zu sein. Da er sehr wenig treu übersetzt und oft nur paraphrasiert, ausläßt und zusetzt, so ist sein Text leider recht unbrauchbar. Eine genaue Untersuchung gerade dieses Textes wäre von nöten. — Demnach ist zur Erschließung des griech. Textes Lat zu Grunde zu legen; Lat ist durch Syr und Aeth zu kontrollieren; Ar¹ Arm kommen nur für einzelne Lesarten in Betracht. — Von dem so erschlossenen Text, zu dem Ar² einzelne Notizen liefert, ist weiter, namentlich da, wo sich irgend welche Schwierigkeiten ergeben, auf den Hebräer zurückzugehen. Manchmal ist dieser so überaus komplizierte Weg sehr sicher; vielfach aber bieten sich fast unüberwindliche Schwierigkeiten; man möge daher den folgenden, überaus mühseligen Versuch gelinde beurteilen.

Übersetzungen in moderne Sprachen sind: ins Deutsche Volkmar, Das vierte Buch Esra (1863); Ewald, Abhandlungen der Gött. Ges. der Wiss. XI (1862/1863); Zöckler, Apokryphen des A. Test. (1891), S. 444 ff. — Ins Englische: Bissell, Apocrypha (1890), S. 641 ff.; Lupton, in Wace, Apocrypha (1888) I, S. 71 ff. Alle diese Übersetzungen sind veraltet.

Plan der folgenden Übersetzung: Die vorliegende Übersetzung wünscht zunächst, dem Laien einen deutlichen Eindruck vom Geiste des IV Esra zu geben; zu diesem Zweck hat der Übersetzer darnach gestrebt, den Text in einem lesbaren Deutsch wiederzugeben und den eigentümlichen Ton des Buches zu treffen; möge der Leser diesen Hauptzweck der Übersetzung nicht übersehen! Diesen Zweck konnte der Übersetzer natürlich an manchen Stellen nicht ohne eine gewisse Freiheit im Ausdruck erreichen. Sodann will die Übersetzung dem Anfänger die Lektüre der lat. Version erleichtern; daher ist diese Version zu Grunde gelegt worden: die praktische Notwendigkeit trifft hier mit dem oben dargelegten wissenschaftlichen Thatbestand aufs Wünschenswerteste zusammen; schwierigere Ausdrücke oder Konstruktionen des Lat sind durch Hinweis auf die Äquivalente der anderen Versionen, ev. auf den mutmaßlichen griech. oder hebr. Ausdruck erläutert worden. Drittens möchte diese Übersetzung wenn auch bescheidene Beiträge zu einer künftigen Ausgabe und Rückübersetzung des IV Esra ins Griechische und Hebräische liefern; zu diesem Zwecke hat der Verfasser die besseren Lesarten der übrigen Versionen in seine Übersetzung aufgenommen, sei es, daß die Abweichungen des Lat vom Original auf griech. Korruptel, auf Nachlässigkeit des lat. Übersetzers oder aus innerlateinische Verderbnis zurückgehen. Hebräische Korruptel hat der Verf. nur an einer Stelle angenommen: 7,139. — Lat ist nach Bensly, die orientalischen Versionen sind nach den Übersetzungen bei Hilgenfeld Messias Judaeorum, benutzt worden; dies abgekürzte Verfahren schien dem Übersetzer erlaubt zu sein, da gegenwärtig eine neue, das gesamte Material nochmals aufarbeitende Ausgabe in Vorbereitung ist. Doch sind die citierten Stellen im Lat von mir selbst, in Ar¹ und Aeth von Herrn Dr. Violet in Berlin neu verglichen worden. Herr Geheimer Regierungsrat Professor v. Wilamowitz hat die Güte gehabt, mir in mehreren schwierigen Fällen der griech. Rekonstruktion seine höchst schätzenswerten Ratschläge zu erteilen, wofür ich ihm an dieser Stelle meinen Dank ausspreche. Auf die Übersetzung post tertiam = μετὰ τὴν τρίτην (ἡμέραν) hat Herr Professor Blaß in Halle mich freundlichst aufmerksam gemacht.


Empfohlene Zitierweise:
Hermann Gunkel (Übersetzer): Das vierte Buch Esra. Mohr Siebeck, Tübingen 1900, Seite 334. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DasVierteBuchEsraGermanGunkelKautzsch2.djvu/04&oldid=- (Version vom 31.1.2019)