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Führt er zu seinen Grafen dich herauf,

43
Um, wenn du hier das Wahre klar gesehen,[1]

Die Hoffnung, draus euch dort die Lieb’ erblüht,
In dir und Andern heller anzuwehen,

46
So sage, was sie ist? wie dein Gemüth

Von ihr erblüht? woher du sie entnommen?“
Das zweite Feuer sprach’s, in Licht entglüht.

49
Und Sie, durch die in mir die Kraft entglommen

Zum hohen Flug, war mit der Antwort schon
In diesen Worten mir zuvorgekommen:

52
„Die Kirche, die da kämpft, hat keinen Sohn[2]

Von stärkrer Hoffnung – also zeigt’s geschrieben
Die Sonn’ auf unsres Freudenreiches Thron.[3]

55
Drum aus Aegypten, nach des Herrn Belieben,[4]

Kommt er nach Zion, wo das Licht ihm tagt,
Eh’ ihm des Kampfes Ende vorgeschrieben.

58
Zwei andre Punkt’, um die du ihn befragt,

Nicht um zu wissen, nein, damit er sage,
Wie diese Tugend hier noch dir behagt,

61
Lass’ ich ihm selbst; denn nicht, wie jene Frage,

Sind sie ihm schwer, nicht Reiz zur Prahlerei;
Und helf’ ihm Gott, daß er sie würdig sage.“


  1. [43 ff. Derselbe Lehrauftrag für die Erde, wie Ges. 24, 43 ff. Dieselben drei Fragen ferner, wie dort V. 53, 85 und 89. – Da aber nach V. 44 (mit Thomas von Aquino) die Hoffnung, ordine generationis, sed non perfectionis, der Entstehung, wenn auch nicht der Vollkommenheit nach, der Liebe vorangeht, so sehen wir auf den Glauben in diesem Seelenexamen die Hoffnung und nicht, wie sonst, die Liebe folgen.]
  2. 52. Auf die zweite der V. 46–48 enthaltenen Fragen: Wie (ob kräftig oder schwach?) sie im Gemüth des Dichters lebe? antwortet Beatrix. Denn er würde sich selbst loben müssen, wenn er sagen wollte, daß seine Hoffnung fest sei, da diese, wie V. 69 ausgesprochen ist, nicht nur durch Gnade, sondern auch durch früheres Verdienst des Hoffenden gewonnen wird. – [Und in der That, ist nicht Dante’s ganzes Dichten und Schaffen, insonders die göttl. Kom., vornehmlich in den zu Fegf. 33, 45 angegeben Stellen, ein sprechender Beweis, daß D. ein Mann zäher, kühner Hoffnung war, wie wenige?]
  3. [54. Gott. Vgl. V. 59, Ges. 24, 42 und nachher Ges. 26, 106. Die Seligen wissen hier, wie sonst, das Gefragte schon voraus.]
  4. [55 ff. Aus Aegypten, der Welt, besucht Dante, noch vor dem Tod, Zion, das himmlische Jerusalem.]
Empfohlene Zitierweise:
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 551. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_551.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)