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Groß blieb sein Ruhm, und eh’ er ganz versinkt,

40
Wird fünfmal das Jahrhundert sich erneuern.

Sieh, wenn das erste Sein ein zweites schenkt,[1]
Soll dies zur Trefflichkeit euch nicht befeuern?

43
Doch dies ist’s nicht, woran die Rotte denkt,[2]

Die Tagliamento hier, dort Etsch umfließen,
Die selbst das Unglück nicht zur Reue lenkt.

46
Doch färbend wird sich Padua’s Blut ergießen[3]

Zum Sumpfe, der Vicenza’s Mauer wahrt,
Weil die Verstockten sich der Pflicht verschließen.

49
Und dort, wo sich Cagnan mit Sile paart,[4]

Herrscht Einer, hoch die stolze Stirne tragend,
Zu dessen Fang das Netz schon fertig ward.

52
Schon seh’ ich Feltre den Verrath beklagend[5]

Des Hirten, der dort herrscht, an Schändlichkeit,
Was Malta je verborgen, überragend.

55
Kein Paß auf Erden ist so hohl und weit,

Um alles Ferrareser Blut zu fassen,
Das zum Geschenk der wackre Pfaff verleiht,

58
Um als Parteiglied recht sich sehn zu lassen;

Und solcherlei Geschenk wird wohl zum Geist
Und zu des Landes Art und Leben passen.


  1. [41. Die letzte Bemerkung der Cunizza bringt den Dichter auf den, öfters wiederholten Satz, daß irdischer Nachruhm etwas in seiner Art Erstrebenswerthes sei und dies wieder auf einen gelegentlichen Ausfall über unrühmenswürdige, zeitgeschichtliche Vorgänge in der Lombardei nach Ezzelino’s Tode. Hierbei werden natürlich die anti-ghibellinischen Elemente und Bestrebungen hervorgehoben und gebrandmarkt. Ein Eingehen auf das Einzelne würde jedoch den Leser wohl nur ermüden.]
  2. 43. Die Einwohner der Mark Trevigi.
  3. 46. Die Paduaner erlitten mehrere Niederlagen bei Vicenza in den Jahren 1312–1317 [gegen Can grande.]
  4. 49. Die hier benannten beiden Flüsse vereinigen sich bei Trevigi, wo im Jahre 1300 Richard da Cammino herrschte, der 1313 beim Schachspiel erschlagen wurde.
  5. 52–60. Nach Feltre, einer Stadt der Trevisaner Mark, flüchteten sich viele [Ghibellinen von Ferrara, nach Mißglücken einer Verschwörung gegen die dortigen Guelfen] und ergaben sich dem dortigen Erzbischof als Gefangene. Dieser aber lieferte sie an den Gouverneur von [449] Ferrara aus, welcher sie alle ermorden ließ. Dadurch zeigte sich der Erzbischof glänzend als Anhänger des Papstes, und handelte, wie man in Feltre zu handeln gewohnt war.
    Malta oder Marta, ein Ort, an welchem sich ein Kerker befand, den die Päpste zur Einsperrung der schlechtesten Geistlichen zu verwenden pflegten.
Empfohlene Zitierweise:
Alighieri, Dante. Streckfuß, Karl (Übers.). Pfleiderer, Rudolf (Hrsg.): Die Göttliche Komödie. Leipzig: Reclam Verlag, 1876, Seite 448. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dante_-_Kom%C3%B6die_-_Streckfu%C3%9F_-_448.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)