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Fig. 2. Emeraldella brocki aus dem mittleren Cambrium von British Columbia. Natürliche Größe. (Nach Walcott.)

Wir kommen nun zu der Frage der Herkunft des Palaeophonus: – Gleichzeitig mit ihm, also ebenfalls im Obersilur, treten einige andre Formen auf, die durch die gleichen Charaktere mit den damals sehr artenreich vertretenen Trilobiten und auch mit allen andern bis dahin bekannten Tieren in scharfem Gegensatz stehen. Bei ihnen läuft erstens der stark gepanzerte, gegliederte Körper am stark verjüngten, beinlosen Hinterende in ein stark entwickeltes, oft stachelförmiges Telson aus, zweitens enden wenigstens einzelne der Gliedmaßen als Zange oder »Schere« und drittens befinden sich am Kopfende dieser Tiere keine Fühler als Tastorgane. Diese drei sehr charakteristischen Merkmale besitzen außer dem Urskorpion noch die Xiphosuren[1] und die Gigantostraken, zwei Tiergruppen also, die man auch wohl unter dem Namen Merostomen zusammenfaßt. Daß bei ihnen in allen drei oben genannten Merkmalen eine Konvergenz eingetreten sein sollte, würde offenbar ein so wunderbarer Zufall sein, daß wir mit einer solchen Möglichkeit überhaupt nicht rechnen dürfen. Diejenigen Zoologen, welche auch heute noch an eine derartig wunderbare Konvergenz glauben, sind sich doch wohl nicht ganz klar darüber geworden, wie unwahrscheinlich eine solche Annahme bei dem gleichzeitigen Auftreten der Formen im Silur ist, ganz auch von den ontogenetischen Tatsachen abgesehen.

Woher aber haben diese drei Formengruppen ihren gemeinsamen Ursprung genommen? – Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir in den Formationen eine Stufe weiter, ins Cambrium zurückgehen. Suchen wir im Cambrium nach Tieren mit den oben genannten Charakteren, so finden wir nur noch einen dieser Charaktere vertreten, nur das stark entwickelte Telson und das Fehlen der


  1. Über die Gliedmaßen der Silurlimuliden ist freilich, soweit ich die Literatur kenne, noch nichts bekannt. Man schließt aber, wohl mit Recht, aus der Ähnlichkeit ihres Körperbaues mit dem der jetzt lebenden Limuliden auf einen ähnlichen Bau der Gliedmaßen. – Bei echten Krebsen treten »Scheren« erst viel später auf, soweit ich die Literatur kenne, erst in der Perm-(Dyas-)Formation also erst nach der Steinkohlenzeit. Hier handelt es sich also, ebenso wie bei den Tracheen der Insekten einerseits und der Spinnentiere anderseits, offenbar um eine Konvergenzerscheinung.