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nennen Dich nicht; er spricht ihn aus, indem er ihn den Einzigen nennt, und fügt doch hinzu, der Einzige sei nur ein Name; er meint also etwas Anderes, als er sagt, wie etwa derjenige, der Dich Ludwig nennt, nicht einen Ludwig überhaupt, sondern Dich meint, für den er kein Wort hat.

Was Stirner sagt, ist ein Wort, ein Gedanke, ein Begriff; was er meint, ist kein Wort, kein Gedanke, kein Begriff. Was er sagt, ist nicht das Gemeinte, und was er meint, ist unsagbar.

Man schmeichelte sich immer, daß man vom „wirklichen, individuellen“ Menschen rede, wenn man vom Menschen sprach; war das aber möglich, so lange man diesen Menschen durch ein allgemeines, ein Prädicat auszudrücken begehrte? Musste man nicht, um diesen zu bezeichnen, statt zu einem Prädicate, vielmehr zu einer Bezeichnung, einem Namen, seine Zuflucht nehmen, wobei die Meinung, d. h. das Unausgesprochene, die Hauptsache ist? Die Einen beruhigten sich bei der „wahren, ganzen Individualität“, die doch nicht von der Beziehung auf die „Gattung“ frei wird; Andere bei dem „Geiste“, welcher gleichfalls eine Bestimmtheit ist, nicht die völlige Bestimmungslosigkeit. Im „Einzigen“ nur scheint diese Bestimmungslosigkeit erreicht zu sein, weil er als der gemeinte Einzige gegeben wird, weil, wenn man ihn als Begriff, d. h, als Ausgesprochenes, fasst, er als gänzlich leer, als bestimmungsloser Name erscheint, und somit auf seinen Inhalt ausserhalb oder jenseits des Begriffes hinweist. Fixirt man ihn als Begriff — und das thun die Gegner — so muß man eine Definition desselben zu geben suchen und wird dadurch nothwendig auf etwas Anderes kommen, als auf das Gemeinte; man wird ihn von anderen Begriffen unterscheiden und z. B. als das „allein vollkommene Individuum“ auffassen, wodurch es dann leicht wird, seinen Unsinn darzuthun. Kannst Du Dich aber definiren, bist Du ein Begriff?

Empfohlene Zitierweise:
Max Stirner: Recensenten Stirners aus Max Stirner's Kleinere Schriften und Entgegnungen. , Berlin 1914, Seite 345. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_Stirner_Schriften_345.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)