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Meinung Königsberg zu einer uneinnehmbaren Festung soll umgeschaffen werden können. Möglich, aber für meine Empfindung widrig. Mir erscheint die Leichtigkeit, mit welcher die Stadt sich jetzt jeden Augenblick über die Wallinie ausdehnen und die vor ihr gelegenen Etablissements in sich aufnehmen könnte, ihrer Universalität und ihrer Anlage zum Fortschritt ganz entsprechend. Die Universalität (als Universalität und Verständigkeit charakterisirt Rosenkranz die wesentliche Natur Königsbergs) hat eine unendliche Peripherie, der Fortschritt ein unendliches Ziel. Der Wall als eine bald verrückbare, bald zu erneuernde Grenze erscheint mir als der alle Bildung zusammenhaltende Verstand, der, um mit dem alten Kant zu reden, keine constitutive, nur eine regulaire Function hat. Daß die Militairs in Friedenszeiten sich dem Festungsbaue zuwenden, ist ganz natürlich. Dass sich dabei viel Kenntniß, Scharfsinn, Genie, Kunst entwickeln läßt, ist begreiflich. Daß die Einsicht, auch in diesem Zweige menschlichen Thuns frühere Versuche zu übertreffen, schmeichelhaft wirkt, ist in der Ordnung. Daß man bei der durch die neuere wissenschaftliche Geographie so viel weiter gekommenen Terrainkunde die Systeme der baulichen Vertheidigung mit viel größerer Angemessenheit an die Flußnetze, Höhenzüge, Ebenen anschmiegen wird, ist nothwendig. Daß endlich bei dem Festungsbaue wie bei dem Landstraßenbau eine Masse Proletarier Brod finden können, liegt auf der Hand. Wenn uns aber gesagt wird, daß durch Festungslinien ein Staat auf das vollkommenste geschützt sei, so ist das ein Irrthum. Für die Operationen bloßer Armeen gebe ich zu, daß die Thore einer Festung, die sich einem fliehenden Corps öffnen, daß die Vorräthe, die sie an Munition und Lebensmitteln beherbergt, von entscheidender Wichtigkeit sind. Sobald aber Völker sich mit einander schlagen, sind Festungen dies keineswegs. Ein Volk ist überall und kann wol in seinem Heere geschlagen, aber

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Max Stirner: Max Stirner's Kleinere Schriften und Entgegnungen. , Berlin 1914, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_Stirner_Schriften_143.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)