Seite:DE Stirner Schriften 119.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Theologen reinigen. Was erwidern ihm die Theologen? „Einen Theologen reinigen wollen hiesse einen Mohren weiß waschen!“ Wer den Theologen nicht nimmt, wie er ist, der muß die Theologie verlassen, muß Philosoph werden. Ich wiederhole, Bruno Bauer hat nie den Wunsch geäußert, aus der Theologie auszutreten. Gleichwol sagt Marheineke: „Da er selbst bereits seinem theologischen Character freiwillig entsagt hat, kann ihm die Regierung einen solchen nicht aufdringen. Aber, was sie kann, wahrhaftig mit Ehre thun kann, ist, ihm eine Professur in der philosophischen Facultät mit angemessenem Gehalte zu verleihen.“ Also „freiwillig entsagt!“ Und diese Freiwilligkeit besteht darin, daß er den Theologen gelästert hat, den jetzigen Theologen! Machten es die andern Gegner etwa schlimmer als Marheineke? Deducirten sie nicht auch aus solcher „Freiwilligkeit“ die Nothwendigkeit seines Austrittes? Wenn die chinesischen Soldaten allesammt Memmen sind, und darum der Titel „chinesischer Soldat“ zu einem Schimpfnamen, wie er es verdient, ausgeprägt wird, muß darum ein Chinese, der doch ein Mal wirklichen Muth besitzt, um dieses Muthes willen so angesehen werden, als hätte er dem chinesischen Soldatenthume „freiwillig entsagt?“ Und doch handelt es sich in unserm Fall um etwas Aehnliches. Marheineke, der Theologe, sagt: „Das Gottesbewußtsein sei die Wahrheit des Selbstbewußtseins“. Bruno Bauer rechnet auch diese sublimste Höhe theologischer Erkenntniß noch zu dem unreformirten Wust der Theologie; denn: das Selbst ist der Gott, und sich selbst zu wissen, das Selbstbewußtsein, das erst ist die Wahrheit, in welcher das Gottesbewußtsein untergeht; also umgekehrt: das Selbstbewußtsein ist die Wahrheit des Gottesbewußtseins. Dies ist aber nicht eine Erkenntniss, die für den Philosophen ausschliesslich gehört; nein, es ist eine Erkenntniss, die aller Welt gehört und darum zuerst und zumeist von den bestallten Lehrern des Volkes, von den Theologen gefaßt und – gepredigt

Empfohlene Zitierweise:
Max Stirner: Max Stirner's Kleinere Schriften und Entgegnungen. , Berlin 1914, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DE_Stirner_Schriften_119.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)