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Das Auto hält vor der Terrasse. Ein ur-uraltes Männlein in einer Art Livree tritt aus dem Portal und stellt sich mir als Schloßvogt vor … Seine Königliche Hoheit sei heute morgen verreist, bedeutet dieses uralte, verschrumpelte Männchen mir … Verreist nach Südamerika mit seiner Jacht und seiner Gattin und deren Verwandten. Im Schlosse befinde sich zur Zeit nur er, der Vogt, ganz allein … Das sei immer so, wenn Seine Königliche Hoheit verreise. Der Prinz sei sehr sparsam und hielte wenig Dienerschaft.

Ich merke: der Alte lügt nicht! Also ausgekniffen ist die ganze feine Gesellschaft – – zu Schiff, angeblich nach Südamerika, angeblich, – – und unerreichbar!

Während ich mir dies und anderes überlege und meine Augen über die Fenster des plumpen, düsteren Gebäudes hingleiten, erkenne ich plötzlich, daß sich hinter den gelblichen Gardinen eines schmalen Fensters des linken Eckturmes eine Gestalt abzeichnet …

Die Gardine wird für ein paar Sekunden zur Seite geschoben …

Ich starre hin …

Blicke rasch wieder weg …

Sage zu dem Verschrumpelten:

„Das Schloß ist also wirklich nicht zu besichtigen …?! – Das tut mir leid … Ich bin Maler und hätte zu gern …“

Der Alte hebt die mageren, eckigen Schultern bis zu den Ohren …

„Bedauere, mein Herr …“

Dann rollt das Auto mit mir wieder davon … Jetzt brauche ich mir keinen Zwang mehr aufzuerlegen … Jetzt fliegt über mein Gesicht ein Freudenschein hin … Denn: der Mann am Fenster war Harst gewesen, mein lieber, alter Harald, und … gewinkt hatte er mir, hatte den Finger dann auf die Lippen gelegt … Und ich hatte ihn verstanden – – vollkommen!!

Nachts würde schloß Gülderhall mich wiedersehen …

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Max Schraut: Dämon Rache. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1926, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:D%C3%A4mon_Rache.pdf/33&oldid=- (Version vom 31.7.2018)