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der Erde bietet die Möglichkeit, all diese Erscheinungen auf eine weniger auffallende Weise zu erklären. Was dabei den Polen der Erdachse ihre Richtung gebe[1], das brauche ich nicht auseinanderzusetzen. Uebrigens sehen wir ja im Kleinen, wie ein magnetisirtes Stäbchen sich stets nach derselben Himmelsgegend richtet.[2] Im allgemeinen gab man jener Erklärung den Vorzug, wonach eine besondere Sphäre die Pole mit sich fortbewegt; eine solche müßte zweifelsohne innerhalb der Mondbahn liegen.[3]


Die Gleichförmigkeit der Bewegungen
bezieht sich nicht auf die Aequinoctialpunkte, sondern
auf die Fixsterne.[4]

Da die Aequinoctialpunkte wie die übrigen Angelpunkte des Weltalls manchen Aenderungen unterworfen sind, so begeht man einen Irrtum, falls man von ihnen die Jahreslänge ableiten will. Diese hat sich denn auch in der That nach den vielen in verschiedenen Zeitperioden angestellten Beobachtungen als eine verschiedene herausgestellt. Nach Hipparch betrug sie 3651/4 Tage, nach dem Chaldäer Albategnius zählt sie 365 Tage, 5 Stunden, 46 Minuten, d. h. 133/5 Minuten weniger als die von Ptolemäus aufgestellte. Der Astronom von Sevilla hingegen macht das Jahr um den 20. Teil einer Stunde länger, indem er ihm 365 Tage, 5 Stunden und 49 Minuten gibt.[5]


  1. Wörtlicher heißt es: „Worin die Enden der Erdachse lagern“ quibus autem poli inhaereant; doch giebt die unmittelbar folgende Erklärung der angeführten freieren Uebersetzung den Vorzug.
  2. Curtze glaubt in dieser Stelle eine Anspielung auf eine epistola De Magnete des Petrus de Maricourt zu finden. (Mittheilungen des Coppernicus-Vereins I. Heft. S. 9.) Daß Coppernicus den Magneten und speziell die Haupteigenschaften der Magnetnadel kannte, ersehen wir zudem hinreichend aus den Schriften seines Schülers Rheticus. Vgl. Hipler: Die Chorographie des Joachim Rheticus. Dresden 1876. S. 22.
  3. Eine Anspielung auf die Sphärentheorie der Alten. Vgl. M. C. 57 ff.
  4. Rev. l. 3.
  5. Die hier gemachten Angaben finden sich im Hauptwerke etwas genauer angegeben (l. 3. c. 53.) Isidor von Sevilla (Hispalensis) wird dort nicht erwähnt.
Empfohlene Zitierweise:
Nicolaus Copernicus, Adolf Müller (Übersetzer): Nicolai Coppernici de hypothesibus motuum coelestium a se constitutis commentariolus. J. A. Wichert, Braunsberg 1899, Seite 368. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Commentariolus_1899_German_Translation_Adolf_M%C3%BCller.djvu/10&oldid=- (Version vom 31.7.2018)