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Ihr Sohn erstach sie zu der Frist,
Sie hatte gebeichtet eben die Zeit
Ihr Herr liess heissen, sie kam bereit,
Und nach ihren Sitten den Herren ümbfangen,
So müste sie dar ihr Ende erlangen,
Ein Handquele auch der Diener ein,
Um ihren Halss warff ingemein,
Sie hülffen alle vom Leben zum Todt,
Nun ruhet ihr Seele ohn Zweiffel bey Gott.
Zu Callis ist ihre Gebeine begraben,
Man pflegt ihre Gebeine für heilig zu haben.


Das LIV. Capitel.
Von einem Tournier, den König Erich von Dennemarck bey des Löwens Zeiten, hat gehalten zu Rostock, und ist der größesten Tournier einer in Teutschen Landen beschehen, da kam König Erich, die Hertzogen von Braunschweig und Sachsen, Marggraff Woldemar, die Hertzogen von Pommern, die Graffen von Schwerin, Holstein, der Löwe, der Graff von Lindau, und Adell hiernach begriffen.

ES ist ein Adelich tugendsahm Rath,
Die Alten haben in Ubung gehabt,Solennitas Torneamenti Regis Daniae prope Rostock.
Untugend ungestraffet nicht
Zu lassen, so wurden aufgericht
Tournier und ander Ritterspiel
Des Adels kamen ohne Ziel,
Ein jeder wolt nach Ehren streben,
Gelobet durch Adell in seinem Leben.
So wahren in Ehren die Taffel runde,[1]
Der Grael [2]erfuhr all Ding die Stunde.
Doldet nicht beruchten[3] Schild,
Ich weiss nicht, wie es wird so wild,
Wer besser kan und mehr vermag,
Der stecket den andern in den Sack,
Von Dennemarck König Erich reich
Der alten Schlag erfolget gleich,
Berieff aus einem theuren Tag,
Luth König und Fürsten, als man pflag
[608] Aus Pohlen, Böhmen, Ungern und Schwaben,
Beyern, Rheinländern sah man draben
Engern, Sachsen, Döringer Francken,
Viel ander, der König schloss sein Schrancken,
Vor Rostock, die Schrifft zeiget an,
Zu Pferd waren zwölfftausend Mann
Darüber an der Zahl vierhundert,
Ist jemand den, die Viel verwundert,
Der lese die alten Büchern nach
Die Zeit dem Adell was gantz jach[4]
Zu üben sich in Ritterspiel,
Ringer, Springer ohne Ziel
Wettlauff, darzu werffen den Stein,
Allerley Kurtzweil was gemein,
Den Tag besuchte Trommet und Pfeiff,
Sänger, Narren man spüret do Keiff,
Jeglicher begehrt des Konigs Holde
Ihr Mändel schmückten schon mit Golde
Zu den Tisch die Laute erklang,
Schwebelin mit der Geige sang
Er Nitant warff auch mit ein Schrantz,[5]
Man sagt, sich hub darnach ein Tantz,
Ein ieder juchet unverdrossen,Juchen, Jauchzen,
So ward damit der Zeuner[6] geschlossen.
Sie wolten theilen unter sich
Des Adelers Federn waren säuberlich,
Dieselbigen kundten ihre Hüte schmücken,
Nicht lange sich hub ein rauffen und pflücken.


Das LV. Capitel.
Wie nicht lange darnach der Löwe seine Tochter ausgabe und mit König Erich und andern Fürsten belagert die Stadt Wismar, als sie von der Hochzeit [7] zogen mit 18. Heer-Fahnen.

DEr Löwe von Mecklenburg bedacht gar ebenObsidio Wismariae.
Hertzog Otten von Lüneburg wolt er geben
Mechtild seine Tochter, und bat gar balde
Den Rath zu Wismar, er möchte halte


  1. Tafel dicitur a plano, platt. Tafelrunde, tabula rotunda, qua usi sunt equites ad evitanda jurgia praecedentiae ante certamina. Sed & tabula decursoria usi sunt ut nomina avita & decora gentis vindicarent. Utraque solennitas & tabulae rotundae et ipsius equitii saepius in Conciliis damnatur, de quo argumento Schubartus, item Bernhard Giustinianus in Historia Orig. Ordinum militar. c. 7. Confer, quod de Nobilium veterum Germ. tabulis ganerbinatus, gentilitiis, & feudalibus, Ahnen-Tafeln, Ritter-Recht, Ehrengericht, Ehren-Tafeln, quarum nomen Silesiae, Lusatiae & alibi etiam nunc superest, apposite observarunt Telgmannus von der Ahnen Zahl c. 7. Kolerus, Ludewigius, Georg a Wentzki, Gresserus, Lünig C. I. F. T. 2. p. 273.
  2. In aliis varie legitur Grelle, Grovel, Graul. Prima vox videtur haud inconcinna. Grell enim idem ac splendens, Graele splendor, grei, graeg apud Anglo-Saxones est albicasis, unde Grell aussehen, Grelle Augen, Poëta hinc forte intelligendus de omnimodo splendore Torneamentorum. Secunda vox notat horrorem, Greuel, ultima vero esta grau, notans apud antiquos sanguinem; hinc latinum cruor, Germanicum grausam, & ipsa vox Graul Grauel, forte & antiqua vox grählen, hodie Geräusch machen. Grael, strepitus, stridor convivarum. Vide infra.
  3. i. e. Berügten, berüchtigten, a rügen, accusare, unde Rugrichter, Rugland, rug, judicium, Rugstab accusatio. Vide plura in Tt. de Consuetudine &c. p. 139.
  4. Jach, jäch est subitaneus, subito, praeproperus, Unde Jauchzorn, a jagen. Item jäh, ein jäher, gäher, Tod. Vide Leibnitz in Etymologicis.
  5. In plerisque legitur: Schantz i. e. munimen, unde verschantzen, forte & Scanzia, insula, de qua Grotius in Prol. ad Script. Gothicos. Sed cum Poëta non ponat warf auf, nec de seriis, sed ludicris Equitio intermixtis, versus sundat aut versificet; recta est lectio Schrantz, scurrilitas, facetiae. Inde Hoffschrantz, item Ranck, dolus, versutia a Rancken, Schrancken, seu Anglo Saxonico Screncan, Francico Schrenchen, circumvenire, supplantare. Unde Skrank apud Otfridum, Notkerum idem ac Captio, Supplantatio, Skrenkit, vincit, Hinderschrenkig, dolose, oblique. Vide plura apud Eccard ad L. Sal. Scherzium & Schilterum, in Glossar. p. 744. Confer Wachterum, qui Rei Etymologicae nuper egregia addidit adjumenta & decora, in Glossario Germ. p. 1466. ibique vocem Schrencken obliquare, unde verschrencken. Item, pedes decussare.
  6. Zeuner puto est locus equitii seu decursorii, der Turnier-Schranck, cui propinquus erat locusalius, der Schrancken-Zaun, worauf die erkannte Unturniermässige, oder Nicht-Ebenbürtige zu Strafe reiten müssen. Unde venit notio Zaun-Ritter, Zaun König, Cum Germanico Zaun, Zeunen, sepite convenit graecum Ζώνη cingulum & Belgicum tuinen, tun.
  7. Lectio haec convenit cum antiqua teutonica Hohtit, apud Otfridum Hohoziti, i. e. Hochzeit von hoh, hoch, i. e. heilig, ἆγιος, sanctum, festivum. Quod sequitur Speculator Svevus & Saxo aliique, qui Festum Nativitatis Salvatoris, Paschatos &c. vocant Hohzit. Dissentit Spelmannus voce Hocday in Glossar. p. 294. item Stadenius cum aliis, quibus placet vocem petere a Högen, Höge, laetitia.
Empfohlene Zitierweise:
Nicolaus Marschalk: Chronicon der mecklenburgischen Regenten. Martini, Leipzig 1739, Seite 607. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Chronicon_der_mecklenburgischen_Regenten_607.jpg&oldid=- (Version vom 25.7.2023)