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Aber nachdem wahren die Knaben jung
Getraut er ihm nicht nach sein Bedunck
Die Amazon anzugreiffen sunder List
Uberschifft das schwarze Meer sunder frist
Und kam bis an den Fluss Thermodont
Sein Gezelt so schlug er zu der Stund,
Neben der Stadt Themisora genant
Heimlich erst ward sein Kommen bekandt.
Zur selbigen Zeit so waren gar schon
Antiope und Orethia der Amazon Cron
Zu dem schickete Hercules werth
Von ihnen Hypolyten Görtel begehrt
Das was den Amazon seltzsahme Mähre,
Wer sie so schmähet, und wer der wäre?
Da Hercules Bottschafft wieder kam
Er ihrer streitlichen Kommen vernahm
Dir erste im Streit Aella zart,
Hercules erschlug in schneller Fahrt
Darnach so kam Philippis bald
Prothoe macht sich auch in Halt,
Die was so theurste und lobesahm
Sieben Kampff gewonnen von dem Mann.
Die blieben alle schnellig todt
Euripia die hatte guten Moth
Die höchste erfahren in Streite Recht
Getrauet ihr selbst über fräulich Geschlecht
Ihr folget Theleno, Phaste, Arthemis,
Dejamira, Asteria, Marpesalis
Darzu Thermessa und Achlippe fein
Ein Huter in Hypolite Görtlein:
Die hatte Gott ewig Keuschheit versprochen
Behielt die, wie wohl ihr Leben gebrochen
Menalippe da hatte den Oebersten Staat,
Sie sprach ich weiss dem Wesen kein Rath
Den Scepter warff sie auf der Erden
Als nun Hercules ertödet die Wehrden,
Die andere brachte er bald in Flucht
Er solt das aber nie haben geducht.
Wie sie des Streits wären gewarnet
Er muste das haben theuer erarnet,
Dann sie in Frieden hoch da waren
Als je gewest in vielen Jahren,
Besorgten sich nicht der frembden Gäste
Ueberfallen sie in ihrer Veste
Unter den gefangenen Jungfrauen schon
Antiope und Menalippe der Amazon Cron
Von Hercule worden des Lebens getröst
Hyppolite ward auch vom Tode erlöst
Vom Hercule und gab sie Theseo hold
Mit Hypoliten Gortel vor sein Sold
Die nahm der Held zu einer Frauen
Menalippen Hercules; Nu möcht ihr schauen,
Aus rechter Milde er wiederschenckte,
Antiope ihrer Schwester, damit sein gedenckte.
Das waren der alten Helden Gebehrde
Man findet ihr nun gar wenig auf Erde.
Ihr Keuschheit Er der Jungfrauen liess
Nahm allein ihr Wapen zu geniess.
Nach solchen Streit die andere Land
Verschmähten auch der Amazon Hand
Und dachten sollen uns so Frauen zwingen
Mit Macht brachen sie aus ihren Gedingen,
Und nach Orethyam der König werth
Pentasilia trug der Cronen Schwerdt.
Die kam gegen Troja zu Solde reich
Mit tausend Jungfrauen zum Streit gleich
Zu Hülffe dem grossen Hectori eben
Nach seinen Todt auch liess ihr Leben.
Von der so spricht Virgilius milde,
In Trojen war untern höchsten ein Hilde (Held)
Nach ihren Todt sie kommen in Noth
Ein Theil von Bellerophonte in Todt.
Was Glauci Sohn ein König Corinthier
Alexander überfiel sie seither
Doch that er wenig ihn in Streits Krafft
Mit Freundschafft was ihm mehr behafft
So ist vergangen der Amazon Reich
Wenig find man nu ihnen gleich.

Das VI. Capitel.
Von den Göttern der Obetriten, welche fast alle Wenden angebethet haben.

DEr Obetriten Sitten was dar Idola Obetritorum.
Die Abgötter ehreten Sie alle fürwahr
Doch beten sie nicht an wie Gott,
Umb Fürbitt sie ruffen sonder Spott
Zu ihnen bey den Schöpffer gleich,
Der gemachet Himmel und Erdreich
Welchen Menschliche Sorge kümmert nicht
So was ihr Gemüth zu ihnen verpflicht
Am heil. Tage kam jung und alt
Nach Lehre des Priesters mannigfalt
Ein Altar aufgerichtet hoch
Zu dem so was dem Volcke Joch,
Sie brachten Schaafe und Rinder viel
Hüner und Gänse war ohn Ziel
Die Thiere sie für dem Altar schlugen
Das Blut sie auf dem Altar trugen
Das was ihre Weise und dabey neben
Die Christen sie brachten von dem Leben.
Ihre Gedärme sie ihnen wanten aus dem Leib
Es waren gleich Mann und Weib
Wie etwann Sanct Erasmo geschehen
Denn sahe man den Priester abe hergehen
Vom Altar, und truncke das warme Blut
Und sprach das düncket unserm Heiland gut.
Und wenn das Ambt ein Ende nahm
Essen und Trincken häuffig kam
Und nach der Fülle man sang und sprang
Biss dass die fenster Nacht her drang
Ihr Priester geboht ihnen allzeitgleich
Dem Armen solt mittheilen der Reich
Und Spital haben zu den Armen
Der Wanderer solt man sich erbarmen
Und wer dem Herberge je versagt
Die andern kahmen unverzagt,
Und brandten ihm abe Hauss und Hoff
Trieben hinweg die Kälber und Schaaff,
Wann ehe sie Streits wolten pflegen
Ihr Korn sie vergruben allerwegen.
Und was sie hatten in dem Wald.
Sie bezwungen ihre Feinde zu Schiffe gar bald.

Das VII. Capitel.
In welchen Städten ihre Götter gewohnet Radegast, Siva, Prone, Svantevit, Flies.

ZU Mecklenburg in der wehrten Stadt Radegast.
Radegast[s 1] man da viel Ehre that
In sein Tempel und noch vielmehr
In einer Stadt genant Rethre[s 2]
Die lag etwann von Malchin nicht weit
Was gross und mächtig bey der Zeit
Neun Pforten hatte die Stadt gar eben
Mit einem tieffen Teich umbgeben
Die Stadt hatte nur einen Ausgang
Ueber eine Brücke schmal und lang


Anmerkungen Wikisource

  1. Radegast: slawischer Gott
  2. Rethra: slawisches Zentralheiligtum in Mecklenburg
Empfohlene Zitierweise:
Nicolaus Marschalk: Chronicon der mecklenburgischen Regenten. Martini, Leipzig 1739, Seite 569. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Chronicon_der_mecklenburgischen_Regenten_569.jpg&oldid=- (Version vom 28.12.2021)