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ein Mensch sie anrührt. Den grössten Ruhm genoss in dieser Beziehung die Glocke zu Villila in Aragonien, die jedesmal von selbst läutete, wenn Spanien ein grosses Unglück bevorstand. Nieremberg, hist. rat. p. 391. Francisci, höll. Proteus S. 1033. Gräfin d'Aunoi, Reise in Spanien I. 96. Eine Glocke zu Avignon soll jedesmal geläutet haben, wenn ein Papst sterben sollte. Berkenmeyer, kur. Antiqu. I. 141. Eine Glocke zu Roquemador in Frankreich läutete von selbst, so oft Jemand auf dem Meer in Gefahr schwebte. Gumppenberg, marian. Atlas I. 55. Eine Glocke läutete von selbst bei der Geburt des Johannes de Deo. Acta SS. zum 8. März. Noch viel öfter melden die Legenden, die Glocken hätten von selbst geläutet beim Tode eines Heiligen, worüber man nur die Register der Acta SS. s. v. campana nachschlagen darf, um der Beispiele in Menge zu finden; so wie Bagatta, admiranda V. 6.

Weil die Glocken in der geschlossenen Zeit vor Ostern verstummen, glaubt das Volk in Frankreich, sie pilgern nach Rom, wo alle Glocken einen Tag lang im Jahre versammelt seyen, um den heiligen Vater zu sehen. Dies gab dem Zeichner Grandville Anlass, in dem Journal l’Illustration 1845, S. 53. die Reise der Glocken nach Rom launig zu skizziren.

Oefters kommen in den Legenden auch Glockentöne vor als Stimmen aus dem Himmel, die von Heiligen gehört werden, wo weit und breit keine Kirche zu finden ist. So pflegten unsichtbare Glocken den heiligen Papst Cölestinus zum Gebet zu wecken. So hörte St. Hymerius himmlische Glocken; desgleichen die Mutter des heiligen Gaucherius.

Dem stolzen Papste Bonifacius VIII. träumte, er sehe eine die ganze Welt umspannende Glocke, aber ohne Klöppel. Da sagte ihm der fromme Mönch Jacoponi: „Die Glocke bist du selbst, weil du eine ungeheure Macht hast, aber keinen guten Willen." Görres, Gesch. d. Mystik II. 165.

Wie dem Reiche Gottes überhaupt ein Reich des Teufels äffisch gegenübersteht, so auch insbesondere eine Teufelsglocke

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 342. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_342.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)