Seite:Christliche Symbolik (Menzel) I 332.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

heftiger Sturm sich erhob, weckten die erschrockenen Jünger ihn auf und riefen: „Herr, hilf uns!“ Er aber sprach: „Warum seyd ihr so furchtsam?“ und stillte das Meer. Matth. 8, 24 f. Dieses Wunder hängt genau mit dem von den Säuen zusammen. Dasselbe Meer, welches dem Gottmenschen nichts anhaben kann, wird den Säuen verderblich. Die Tiefe verschlingt nur, was ihr gehört.

Derselben Symbolik entspricht die Gegenüberstellung von Pharao’s Untergang im rothen Meer und des Elias feurige Himmelfahrt auf der Thür der Kirche S. Sabina in Rom. d’Agincourt, sculpt. tab. 22.


Gerippe,

der personificirte Tod. Gewöhnlich gibt man ihm eine Sense in die Hand, als dem grossen Schnitter alles Lebens, und ein Stundenglas als Sinnbild der verrinnenden Zeit. Flügel kommen nur der Zeit zu, die man als alten Mann darzustellen pflegt; doch haben einige Künstler auch dem Todtengerippe Flügel zugelegt. Auf den berühmten sogenannten Todtentänzen des Mittelalters tanzt der Tod als Gerippe nach einander mit dem Papst, Kaiser, allen Ständen, Geschlechtern und Altern durch bis zum Kind und Bettelmann, eine humoristische Mahnung an die Vergänglichkeit alles Irdischen und an die Pflicht, sich bei Zeiten Gott zuzuwenden.

Der Baum der Erkenntniss wird im Gegensatz gegen den des Lebens zuweilen als Gerippe dargestellt, durch das sich die Schlange windet, zwischen Adam und Eva. So auf einem Kupferstich von Beham. So erscheint auch auf einem Stiche zu Hugo’s pia desideria, Antv. 1624, p. 333. die Seele als junges Mädchen (Psyche) gefangen in einem grossen Gerippe. — In Calderons wunderthätigem Magus will der Zauberer Cyprianus die heilige Justina gewaltsam umarmen, findet aber nur ein Gerippe als Sinnbild der Fleischeslust, die er sucht, während die Heilige selbst ihm weit entrückt wird.

Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 332. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_332.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)