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Daher auch der Glaube, hier auf Golgatha sey der Mittelpunkt der Erde. Auf alten Bildern fängt zuweilen Adam das aus der Seitenwunde des Gekreuzigten spritzende Blut auf. Waagen, Kunst in Deutschland I. 56. Rathgeber, Gothaer Mus. 130. Alt, Heiligenbilder S. 128. Als der Heiland sterbend das Haupt neigte, fiel sein letzter Blick auf den Todtenschädel Adams, ein im Judas des P. Abraham a St. Clara (I. 455. und H. 145.) schön ausgeführter Gedanke. Auf einem Glasfenster der Kathedrale zu Beauvais steht, durch Christi Blut geweckt, der unter dem Kreuze begrabene Adam auf und bewundert anbetend den eben verscheidenden Heiland. Didron, manuel p. 197.

Zu Valencia befindet sich ein wunderbares Bild der Kreuzigung von einem unbekannten spanischen Meister. Unterhalb des Golgatha mit seinen drei Kreuzen sitzt die heilige Jungfrau, das Schwert im Herzen, einsam da und hält mit der Rechten auf ihrem Schoosse einen Todtenschädel, unendlichen Schmerz im Gesichte. Es ist Nacht, nur von ferne dämmert Morgenroth. Kunstblatt 1823. S. 35. Der Berichterstatter sagt kein Wort über den Schädel, der hier höchst übel angebracht scheint, da die göttliche Mutter nicht um irgend einen fremden Schädel trauern oder in allgemeine Todesbetrachtungen beim Anblicke eines Schädels versinken kann, sondern nur ihres Sohnes gedenkt. Allein der Schädel auf dem Schoosse Marias erhält eine ganz andere Bedeutung, wenn man annimmt, wie es auch nicht anders angenommen werden kann, es sey der Schädel Adams. Maria scheint ihn zu ihrem Troste aufgenommen zu haben, wenn ihr gleich das Wehe, welches sie, um Adams Schuld zu sühnen, leiden muss, wie ein Schwert durch die Seele geht.

In Calderons Auto: „Der Maler seiner Schande,“ malt Gott den Menschen als sein Ebenbild. Der Teufel aber nimmt sich vor, dieses Bild so zu verunreinigen, dass Gott nur seine eigene Schande gemalt haben soll. Es gelingt, und der Teufel ist im Begriffe, den Menschen aus der Welt hinweg in seine Hölle abzuführen. Da klagt die Welt bitterlich, dass sie den

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Erster Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_I_029.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)