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Absichtlichkeit, Satyre und ein demokratisches Princip liegt aber ohne Zweifel in dem Bilde zu Ramersdorf bei Bonn, auf welchem die Hölle ausschliesslich mit vornehmen Herren und Damen, der Himmel eben so ausschliesslich mit Armen und Arbeitern erfüllt wird. Vgl. Schnaase im Taschenbuch vom Rhein 1847, S. 207.

Es ist nicht nothwendig, auf Bildern des Weltgerichts der Hölle einen Mittelpunkt zu geben in einem thronenden Höllenfürsten, der sich (wie namentlich das grosse Bild von Cornelius beweist) in seiner untergeordneten Stellung zum Hauptbilde immer kleinlich ausnimmt. Orcagna suchte ihm auf dem Bild im Campo Santo zu Pisa mehr Bedeutung zu geben, indem er nach allen Seiten Flammenstrahlen von ihm ausgehen liess. Rubens gab ihm Drachengestalt mit vielen Köpfen, die nach allen Seiten die Verdammten aufschnappen. Es genügt, indem das Hauptinteresse auf die Verdammten gelenkt wird, nur untergeordnete Teufel als deren Schergen und Henker zu malen. Gar zu viel Humor in diese hineinzulegen, schickt sich wegen des Ernstes nicht wohl, der die Bilder des Weltgerichts umkleiden soll. Wenigstens darf der Maler nicht auf lächerliche Effecte ausgehen, die den Haupteindruck des ganzen Bildes verwischen. Doch ist der Humor nicht zu missbilligen, der in den Teufeln die Engel äffen lässt. Auf einem altdeutschen Bilde im Besitz des Herrn Ephorus Hassler in Ulm ahmen posaunende Teufel höhnisch das Posaunen der Engel nach. Wie allzu lustige Dinge, so sollen auch allzu grässliche hier vermieden werden. Einige Maler haben es darauf abgesehen, die abscheulichsten körperlichen Martern an Verdammten zu zeigen. Fehlerhaft, weil unkirchlich und unbiblisch, ist der heidnische Charon auf Michel Angelo’s berühmtem Bilde. Hier sieht man keine Auferstehung im Thal Josaphat, sondern Charon führt die Todten auf einem Kahn über den Styx.

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 561. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_561.jpg&oldid=- (Version vom 3.4.2023)