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S. 151. Ein Gedicht von den fünfzehn Zeichen schrieb auch der Spanier Berceo. Viardot I. 119.

In sehr ausschweifender Weise wird das Weltende in den jüdischen und muhamedanischen Fabeln behandelt. Merkwürdig erscheint, dass der Talmud einige Beziehungen enthält, die in der christlichen Legende fehlen, obgleich sie weit mehr der christlichen als jüdischen Symbolik entsprechen. So die Sage von dem ersten der zehn Zeichen, die dem Weltende vorhergehen werden, bei Eisenmenger, entd. Judenthum II. 696. Es werden nämlich, wenn der Welt Ende naht, drei trugvolle Könige herrschen, die Alles verwirren, und um diese Zeit wird sich ein Mensch von der äussersten, scheusslichsten Hässlichkeit sehen lassen. Das ist offenbar das Gegenbild zu den heiligen drei Königen und zur Geburt des Heilands, als des Schönsten unter allen Menschen. Jene talmudistische Fabel gleicht einem schwarzen Spiegel, in dem ein böser Dämon wohnt, der aber durch höhere Macht gezwungen wird, in seinen Bilderreihen dem Evangelium, wenn auch nur in Verzerrungen, zu folgen. — Phantastisch ist die lithauische Vorstellung von neun Nebensonnen, die vor dem jüngsten Tage sollen sichtbar werden. Vgl. Hanusch, slav, Myth. S. 273. Das Verschwinden des Regenbogens soll dem Weltende als sicheres Zeichen vorhergehen. Vgl. den Artikel Regenbogen. Das ist das Friedens- und Bundeszeichen. Die Menschen haben den Bund gebrochen und der Friede Gottes weicht von der Erde.

In neuerer Zeit hat Stehling ein „jüngstes Gericht“ gedichtet, worin die Welt nicht in der Fülle ihrer Kraft und Sünde durch Gottes Zorn zerstört, sondern gleichsam nur an Alter und Entnervung abstirbt, wie eine alte Uhr stockt und stehen bleibt. Die Sonne läuft nicht mehr, das Meer trocknet aus. Als letzter Mensch bleibt der ewige Jude übrig. Da brausen Meteore hervor und stecken die Erde in Brand. Der Jude stürzt hinein. Die verbrannte Erde bleibt als Schlacke zurück, in der Satan nunmehr bequem seine Residenz aufschlagen will. Da eröffnet Gott das Weltgericht, alle Todten

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 554. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_554.jpg&oldid=- (Version vom 3.4.2023)