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Weg.

„Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben,“ spricht Christus. Joh. 14, 6. Durch Christum allein führt der Weg zum Himmel, und nur seine Mutter wird gleichfalls als via vitae aufgefasst. — Nach alter, sich sehr oft wiederholender Vorstellung ist der Weg der Tugend von dem des Lasters verschieden. Jener ist eng, steil, beschwerlich und gefährlich, führt aber zu den Freuden des Himmels; dieser ist breit, bequem, lustig, führt aber zu den Qualen der Hölle. Jeder Christ steht daher in seiner Jugend wie Herkules am Scheidewege und soll gleich diesem den gefährlichen Pfad dem bequemen vorziehen. — Im Zeitalter der Renaissance wurde der Weg zur Tugend sehr häufig auf Titelkupfern schlängelnd einen Berg hinaufgeleitet zu einem Tempel, eine zu antike und magere Vorstellung. Dagegen findet man unter den Visionen der heiligen Elisabeth von Schönau eine von sieben Wegen, die nach demselben Berggipfel führen, jeder von einer andern Farbe, so dass sie unter einander die Harmonie der Farben ausdrücken als Sinnbilder der sieben Tugenden.


Weide,

Sinnbild des Evangeliums, denn wie die Weide gesund bleibt, wenn ihr noch so viele Zweige abgeschnitten werden, so verliert auch das Evangelium nichts, wenn es auch allen Völkern mitgetheilt wird. Hermae pastor bei Hefele, patr. apost. III. similit. 8. p. 402. Die Weidenkätzchen, die am Palmsonntag zu blühen pflegen, dienen überall im mittlern Europa statt der Palmen, die an diesem Tag im Süden gebraucht werden. — Eine hohle Weide ist Attribut der heiligen Edigma. Diese fränkische Prinzessin, floh aus Frömmigkeit in schlechten Kleidern nach Deutschland und lebte Jahre lang in einer hohlen Weide zu Prück zwischen München und Augsburg. Nach ihrem Tode floss aus der Weide ein heilbringendes,

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 535. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_535.jpg&oldid=- (Version vom 3.4.2023)