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wohl den Sternhimmel bezeichnen. Inzwischen sind es hier Flügel von einem weissen Pfau. Dieser Engel auf dem Eyck’schen Bilde (der vormaligen Boisserée’schen Sammlung) schwebt leicht und majestätisch heran. Auf dem Bild des Hans Baldung im Freiburger Münster hat der Engel dagegen eine heftige Bewegung und die Haare sträuben ihm, wodurch die Grösse seiner Sendung, das Ueberwältigende des allerheiligsten Amtes ausgedrückt wird. In einem altdeutschen Volksliede kommt der Engel als Jäger mit dem Hüfthorn zur Jungfrau. Wackernagel, Kirchenlied Nr. 183. Talvy, Volkslieder S. 378. Auf einem Bilde zu Graudenz trägt er einen Brief. Kunstblatt 1835, Nr. 62. Solche naive Auffassungen der ältern Zeit sind immer noch erträglicher, als die lüsterne Koketterie moderner Bilder. So findet man ein Frescobild in Susa, auf dem der Engel mit Pfeil und Bogen zur Maria kommt, um die sich eine Menge kleiner Engel wie Eroten schmiegen. Lady Morgan, Italien I. 71. Dieselben erotischen Engel malte Nic. Poussin auf einem Bilde, das sich jetzt in St. Petersburg befindet, und den lauschenden Joseph dazu. Nichts war des heiligen Gegenstandes unwürdiger. Vgl. Hand, Kunst in St. Petersburg I. S. 300.

Um noch deutlicher zu machen, was der Engel verkündet, fällt auf den Bildern gewöhnlich durch das Fenster ein heller Sonnenstrahl auf die Jungfrau. Auf ältern Bildern geht dieser Strahl von der Hand Gottes aus, die aus den Wolken hervorragt. Sehr häufig schwebt unter der Hand im Strahl noch der heilige Geist als Taube, und wieder unter diesem, ebenfalls im Strahl, ein kleines Kind. Dieses letztere ist grob missverstanden worden, als solle es das fleischliche Christkind seyn, da es doch nur die Seele des Sohnes bedeutet, die vom Himmel kommt, noch ehe sie Fleisch geworden ist. Denn die Seele wurde in der kirchlichen Kunstsymbolik des Mittelalters immer als kleines Kind aufgefasst. Vgl. Didron, manuel p. 155. Zuweilen hat dieses Kind im Lichtstrahl zur nähern Bezeichnung ein Kreuz bei sich, daselbst p. 156. Waagen, Kunst in Deutschland 1. 368. Das sogenannte Ei,

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 517. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_517.jpg&oldid=- (Version vom 2.4.2023)