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nahm aber in ihren reichen Ornamenten die Symbolik des Weinstocks auf. Das Stabwerk der gothischen Portale rankte sich zur Weintraube empor. Christus wurde hier zugleich als die Thür, durch die man eingeht, und als der Weinstock betrachtet.

Dursch in seiner Aesthetik der christlichen bildenden Kunst sagt vom Freiburger Dom S. 349: „Betrachten wir die christliche Kirche als die Vermittlerin des Heils, welches der Sohn Mariens der Welt bereitet hat, so wird uns auch die Bedeutung der bildlichen Darstellung leicht einleuchten. Beim Eintritt in die Halle erscheint uns Maria mit dem Christkinde, als Ziel der Verheissung und als Morgenstern des Heils. Im Bogenfelde erblicken wir die Geschichte Christi als die Ursache unseres Heils dargestellt, womit zugleich angezeigt ist, wo wir unser Heil suchen sollen. Als Mittelpunkt der heilsamen Wirksamkeit Christi erscheint uns hier Christus am Kreuze in grösserer Dimension, wie er nämlich für die Sünden der Welt seinem himmlischen Vater gehorsam war bis zum Tode am Kreuze. Der Glaube an den welterlösenden Kreuzestod Christi bildet von nun an eine Scheidung in der Welt, welche einerseits durch die Seligen, andererseits durch die Verdammten um das Kreuz dargestellt ist. Die subjective Scheidung der Geister, welche hier der Glaube bildet, wird durch den Richterspruch am jüngsten Tage eine objective und ewig dauernde. Die östliche Wand dieser Eingangshalle stellt uns daher die Wirkungen des Christenthums oder der christlichen Kirche in der Zukunft dar, während die plastischen Werke der rechten und linken Wand das Verhältniss der alten Welt, das Heiden- und Judenthum zu der Erlösung versinnbilden. Die Einen erwarteten in dem Messias den Erlöser der Welt und fanden in ihm ihr Heil, während die Andern sich von ihm abwenden und in Eitelm ihr Heil suchen. Diese bildliche Darstellung versinnbildet recht deutlich die Universalität des Christenthums und die hohe Bedeutung der christlichen Kirche, Vermittlerin zwischen Gott und den Menschen zu seyn.“

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 488. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_488.jpg&oldid=- (Version vom 2.4.2023)