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Pforte, die zur Verdammniss führt, ist weit, die zum Leben schmal. Matth. 7, 13. Ueber Dante’s Hölle steht geschrieben: „Wer durch mich eingeht, lasse jede Hoffnung hinter sich.“

Insbesondere wurde die Thür ein Sinnbild der Gnadenmutter und Gottesgebärerin, durch welche alles Heil in die Welt gekommen. So in unzähligen Hymnen: Tu regis alta janua (in dem Hymnus: O gloriosa virginum), porta, ex qua mundi lux est orta (in dem Hymnus: Ave regina coelorum), felix coeli porta (im Hymnus: Ave maris stella), porta orientalis (im Hymnus: Salve virgo puerpera). Am häufigsten aber wird von der heiligen Jungfrau Maria der Ausdruck gebraucht: porta clausa, mit Beziehung auf Ezechiel 44, 2, wo Gott durch die verschlossene Pforte geht, ohne dass sie sich zu öffnen braucht. So wurde Maria durch Gott Vater Mutter des Sohnes und blieb doch Jungfrau. Vgl. Conrad von Würzburg, goldne Schmiede, Vers 1786 f. Wackernagel, Kirchenlied Nr. 94. Auch auf Bildern kommt die verschlossene Pforte Ezechiels sehr oft als Attribut der Maria vor, Didron, man. p. 147; dessen annales I. 214. Bezug darauf nimmt auch die „goldne Pforte“ in der Peterskirche zu Rom, die der Papst nur einmal nach seiner Wahl und sonst nur je an einem Jubeljahr mit einem goldnen Hammer anschlagen und öffnen darf.

Die christliche Kirchenbaukunst nahm bei Anlage der Kirchenthüren immer Rücksicht auf Symbolik. Der byzantinische und romanische Rundbogen entsprach der Form des Regenbogens und Thierkreises und bildete gleichsam ein Thor des Himmels. Auch insbesondere die „goldne Pforte“ wurde an Kirchthüren wiederholt mit Bezug auf die heilige Jungfrau. Gerade über dem Bogen oder dem Mittelpfeiler zwischen den beiden Thürflügeln stand die göttliche Mutter mit dem Kinde. In dem Rande des Bogens wurden überaus oft die zwölf Apostel, Propheten, Patriarchen statuarisch angebracht, gleichsam als die Sternbilder im christlichen Zodiacus. Die Hauptthür der Kirchen ist immer auf der Westseite, denn man geht dem Licht nach Osten entgegen. — Der gothische Spitzbogenstyl verliess die Symbolik des Himmelsbogens,

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 487. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_487.jpg&oldid=- (Version vom 2.4.2023)