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Malern und Dichtern ist ein weiter Spielraum vergönnt, die Teufelscharaktere im Einzelnen auf’s Mannigfachste auszumalen. Jedoch sollen sie sich in Acht nehmen, nicht in eine unsinnige Willkühr auszuschweifen, in welcher das specifisch Teuflische verloren geht. Von dieser Art sind schon die alten Miniaturbilder aus dem 12ten Jahrhundert gewesen, denen antike sogenannte Gryllen zum Vorbild gedient zu haben scheinen: Teufel mit Krokodilskopf, Vogelschnabel, Gesicht am Bauch und Schlangenkopf am Schwanze etc. Didron, icon. p. 283. Auch spätere Maler, wie Bosch, Callot, der Höllenbreughel etc., sind in der humoristischen Freiheit zu weit gegangen und haben den Teufeln selbst die Formen lebloser Gegenstände gegeben, um komische Effecte zu erzielen, wobei aber das specifisch Dämonische verloren geht. Das passt vortrefflich zu den Satyren von Rabelais, aber nicht in Bilder, deren Hintergrund immer der kirchliche Ernst bleiben soll. Auch schon der grosse Dante wird in den Teufelsnamen „Schlimmkralle, Nebelschwanz, Schindsau, Wirrwarr, Wirrbart etc.“ zu lustig. Vgl. Dante von Kopisch S. 83. Auch Mone, Schauspiele des Mittelalters I. 198.

Dasjenige Glied, an welchem der Teufel von der Legende, Volkssage und Dichtung gleichsam mit Gewalt in’s Reich des Komischen hineingezogen wird, ist die Nase. In wie vielen Legenden und Sagen wird dem vorwitzigen Teufel nicht von einem heiligen oder klugen Schmiede (dem heiligen Dunstan, dem Schmied von Apolda etc.) die Nase abgezwickt! Eben so komisch erscheinen auf unzähligen Bildern die Teufel, die auf ihrer eigenen langen Nase Flöte oder Dudelsack spielen, ein besonders bei den deutschen Malern sehr beliebtes Motiv. Es ist die Frage, ob dieser Vorstellung nicht altheidnische Erinnerungen zu Grunde liegen. Inzwischen ist sie christlich zu rechtfertigen durch die Situation, in welche der Teufel nothwendig jedesmal kommen muss, wenn er in seiner knechtischen Ohnmacht sich an das unantastbar Heilige wagt. Der Spott über den Teufel in der Blüthezeit des Mittelalters war ein Zeichen des Glaubensmuthes und eines gesunden

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 474. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_474.jpg&oldid=- (Version vom 10.9.2022)