Seite:Christliche Symbolik (Menzel) II 468.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

davon in den altjüdischen und spätern Fabeln vorkommt, muss Alles auf heidnische Vorstellungen von verführerischen Nymphen, Nixen, Elben etc. zurückgeführt werden. Nach christlichem Begriff ist alles Weibliche, Mütterliche vom sterilen Teufel selbst ausgeschlossen und nur den Teufelsanbeterinnen, Zauberinnen und Hexen, als greuliche Verirrung der menschlichen Natur, zugewiesen.

Wenn nun gleichwohl der Bock, das üppigste und unzüchtigste Thier, vorzugsweise in die Teufelsgestalt übergeht und der Teufel der Unzucht als einer der vornehmsten gilt, so ist damit doch nicht eine gesunde Vermehrung der Leiber, wie beim Vieh, sondern nur ein Mord der Seele durch das Laster des Leibes gemeint. Der Teufel bedient sich nur der im Menschen selbst liegenden groben Sinnentriebe, um seine Seele zu verderben. Schon die heilige Schrift nennt ihn „das Thier“. Das Thierische im Menschen wurde in dieser Beziehung von den Alten hauptsächlich in den bocksfüssigen Satyrn personificirt. Piper, christl. Myth. I. 404f., hat daher nicht Unrecht, wenn er die Bocksgestalt des christlichen Teufels auf jene alte Satyrgestalt zurückführt. Eben so oft wie die Form des Bocks kommt die des Schweins vor für das Teuflische, was in der Sinnlichkeit liegt. – Die Lust am Tode dagegen, die innerste Wonne des Teufels, wird personificirt in dem aasliebenden Raben, dem Galgenvogel.

Unfruchtbar, nur tödtend, nicht belebend, als reine Negation kann der Teufel auch alle Wonnen, womit er verführt, nicht wirklich erzeugen, sondern nur aus der gemeinen Sinnenwelt borgen und den schönen Schein hinzulügen. Deshalb war Lügen sein Handwerk von Anbeginn. Er leugnet einerseits die göttliche Wahrheit und bethört andrerseits die Menschen mit nichtigen Einbildungen. Er besticht durch Sophismen ihren Verstand, damit sie das Wahre in falschem Lichte sehen, und er besticht durch Verblendung ihre Sinne, dass sie was Koth ist, vergoldet sehen, und Genüsse, die das gemeinste Thier mit den Menschen theilt, für Seelenwonne

Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 468. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_468.jpg&oldid=- (Version vom 10.9.2022)