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Zur Symbolik des Meersternes gehören zwei Auslegungen, die aus falscher Worterklärung erwachsen sind. Im Eifer der Liebe übersah man das Wahrscheinliche wie das Mögliche. So las man in der Vulgata 1. Mos. 1, 10: et congregationem aquarum vocavit mária (Gott nannte die Sammlung der Wasser Meer) das letzte Wort mit verändertem Accent als den Namen María und verstand unter den Wassern die Ströme der göttlichen Gnade. Ferner bezog man die Worte: „Und Gott schuf Himmel und Erde“ auf Joachim und Anna, „und die Erde war wüst und leer“ auf die Unfruchtbarkeit Anna’s, das Fruchtbarwerden der Erde durch das Wasser auf die Empfängniss der Maria, endlich: „Es werde Licht!“ auf die Geburt der Maria. Vgl. de Vega, theolog. Mariana p. 930. Dieses Licht über den Wassern, welche die Erde befeuchtet haben, ist maris stella. – Die zweite Erklärung verwechselte die Uebersetzung des hebräischen Namens Maria (mir = Tropfen, stilla und jam = Meer) stilla maris mit stella maris und machte aus dem Meerestropfen (d. i. die Perle) einen Meeresstern. Vgl. Klöder, zur Gesch. der Marienverehrung S. 17.

Sterngruppen haben in der christlichen Symbolik immer die Bedeutung von harmonisch zusammenwirkenden Kräften im Dienste Gottes. Wie Lucifer, der böse Engel, als Abendstern gedacht wird, so werden auch gute Engel unter dem Bilde von Sternen gedacht, namentlich wenn sie zusammenwirken. Ja Maria selbst ist als Stern Vorbild der Engel, Königin der Engel wie der Sterne. Darum trägt sie eine Krone von zwölf Sternen. Offenb. Joh. 12, 1. Wackernagel, Kirchenlied S. 101. – Die zwölf Sterne, die sich vor Joseph in dessen Traumgesicht neigten, sind zunächst dessen Brüder, werden aber auch auf die zwölf Löwen vor dem Throne Salomo’s, auf die zwölf Thierzeichen, durch welche die Sonne wandelt, und auf die Apostel Christi bezogen, dessen Vorbild Joseph und dessen Sinnbild die Sonne ist. – Die sieben Sterne dagegen an der rechten Hand des Herrn, nach Offenb. Joh. 1, 16, sind von jeher, gleich dem siebenarmigen Leuchter,

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 414. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_414.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)