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für Geld abkaufen wollte (Apostelgesch. 8, 8.), wird der Schacher mit geistlichen Aemtern und Würden nach ihm Simonie genannt.


Simson,

alttestamentalisches Vorbild Christi, als der allüberwindende starke Held, aber auch als der Verrathene und Leidende. Ein sehr beliebtes Sinnbild war im frühern Mittelalter Simson, der dem Löwen den Rachen aufbricht, bedeutend den Heiland, wie er sein Grab oder aber die Thore der Hölle aufbricht, Sinnbild und Verheissung der Auferstehung. Wir haben dieses Bildes schon im Artikel „Löwe“ gedacht. Es kommt besonders über Kirchthüren sehr oft vor in französischen, wie in deutschen Kirchen. Bock, église de Nivelle, 1850. p. 56. Didron, man. p. 104. Heider, über Thiersymbolik S. 22. Die Art, wie Simson auf dem Löwen mit einem Fusse kniet, während er den andern in siegesgewisser Nachlässigkeit herabhängen lässt und mit beiden Händen den weiten Rachen des Löwen aufreisst, ist typisch, kehrt auf allen Bildern wieder und ist genau die nämliche Attitude, welche wir auf den Mithrasbildern finden, nur dass es auf diesen letzteren kein Löwe, dem der Rachen aufgerissen, sondern ein Stier ist, dem der Dolch in den Nacken gestossen wird. Nichts ist daher auch wahrscheinlicher, als dass jener Typus des christlichen Simson von den zahlreichen, namentlich auch in Deutschland und Frankreich verbreiteten Mithrasbildern entnommen ist. Ja jener Mithrascultus der spätern Römerzeit selbst war ein Mysteriendienst, welcher, gleich dem des Orpheus, das Christenthum vorbereiten half, die Lehre von einem grossen Opfer zum Heil der Welt. — In dem Gerippe des Löwen, den Simson getödtet hatte, nisteten Bienen, daher das berühmte Räthsel Simsons: „Süsses kommt vom Starken.“ Das wurde folgerecht Sinnbild der christlichen Kirche, die gleich einem Bienenstock im Grabe Christi ihren Ursprung und ihre Heimath gefunden.

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 380. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_380.jpg&oldid=- (Version vom 22.1.2023)