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Weisheit fliessende Segen gepriesen und endlich der Gang der ewigen Weisheit in der jüdischen Geschichte nachgewiesen.

Man hat diese Bücher späterer alexandrinischer Philosopheme verdächtigt, allein das kann nur mit Aengstlichkeit in ihnen gesucht werden. Ihr wesentlicher Inhalt ist praktisch und erbaulich. Sie haben zugleich den grossen Vorzug, die Menschen und Natur und Leben zu nehmen wie sie sind, und keine zu ideale Voraussetzung von der Perfectibilität des Menschengeschlechts zu hegen. Sie verlangen daher nicht zu viel vom Menschen, muthen ihm im Durchschnitt keine zu strenge Ascese und Engelsmoral zu, sondern tragen allen menschlichen Bedürfnissen und Schwächen Rechnung und Nachsicht, und gehen mehr darauf aus, Vorsicht vor der Sünde und Reue und Busse nachher zu predigen, ohne zu zweifeln, dass doch werde gesündigt werden. Das ist auch die kirchliche Voraussetzung von der Menschlichkeit des Laienstandes im Gegensatz gegen die manichäische und puritanische Strenge der Sekten, die den Menschen entweder zu hart anfassen oder hoffärtig über sich selbst erheben. Insofern nun ist Salomo auch Vertreter der gesammten Laienwelt in ihrer natürlichen Beschaffenheit und Wahrheit mit ihren Ansprüchen an die Hülfe der Kirche.

Endlich bietet Salomo noch zwei Seiten dar: 1) als Richter, und 2) als Magier. Das nach ihm sprichwörtlich genannte salomonische Urtheil ist ein Muster für jedes Laiengericht, der gesunde Menschenverstand von einem frommen Könige im Dienst Gottes angewandt zum Wohl des Volkes und zum Schutz der Bedrängten. Was die Magie Salomo’s betrifft, so ist kein Zweifel, dass ihm die heilige Schrift selbst wenn nicht übermenschliche Weisheit, doch jedenfalls die Kenntniss von allem dem zuschreibt, was sich sonst nur an ganze Gattungen von Gelehrten vertheilt. Vgl. 1. B. d. Könige 4, 30 f. Auch in Bezug auf das Wissen vertritt Salomo das Verhältniss des Weltlichen zum Kirchlichen, der Philosophie, Rechtskunde, Geschichte, Poesie und Naturkunde zur Theologie.

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 305. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_305.jpg&oldid=- (Version vom 26.3.2023)