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oder zu Füssen des Christkinds entspringt, bedeutet das neue Heil der kranken Menschheit. Die Bilder sind wohl immer am schönsten, wenn die heilige Familie darin allein vorkommt. Grosse Engelgesellschaften erscheinen störend. Uebrigens ist nicht immer klar zu unterscheiden, ob es sich um heilige Familienbilder im Garten neben dem Hause oder um eigentliche Fluchtbilder handelt. Das Idyllische der Scene lässt hin und wieder auch eine geistreiche Spielerei zu, namentlich im[WS 1] Vorkommen der Thiere. Doch ist das Sonderbare und Phantastische hier eben so auszuschliessen, wie das Gemeine: ein sonderbares Thier in der Hand des Christkinds z. B. eben so, wie die Wasch- und Kämmscenen.

Die tiefste Ruhe drückt sich in den Bildern aus, auf denen das Christkind schläft. Ein wunderschönes Kind auf dem Schooss der Mutter schlafend malte Bellini in Venedig. Auf einem Bilde des Annibal Carracci in England beten Engel das schlafende Kind an. Waagen II. 60. Auf einem von Ludwig Carracci in Dresden wacht die Mutter bei dem schlafenden Kinde und blickt zu Engeln empor, die ihr in einer Vision die Passionswerkzeuge zeigen. Auf einem berühmten Bilde von Murillo in Petersburg (Hand I. 375.) schläft das Kind in tiefer Nacht und alles Licht geht von ihm allein aus und beleuchtet die zärtliche Mutter und den etwas ferner beim Maulthier wachenden Joseph. Ueberaus lieblich ist das berühmte Bild Correggio’s, auf welchem das Kind schon entschlafen ist und die Mutter noch mit dem Schlafe kämpft. Wessenberg, christl. Bilder II. 45. Das Bild heisst Zingarilla, weil die Madonna eine Kopfbinde hat, wie eine Zigeunerin. Kugler, Mal. I. 292. Auf einem Bilde von Mola schläft das Kind und Joseph, nur die Mutter wacht (Crozat I. 112.). Auf einem Nachtstücke von Rotari ist das Kind, von dem alles Licht ausgeht, blendend weiss (in Dresden). Auf einem Bilde von Deveria schläft Alles, nur das Christkind wacht, sitzt aber gar zu anspruchsvoll wie ein kleiner Napoleon da, und seine schlafende Mutter ist eine kokette Pariserin.

Die Bilder, auf denen das Christkind wacht, theilen sich

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Berichtigung Band II. In der Vorlage: 'ein'
Empfohlene Zitierweise:
Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 291. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_291.jpg&oldid=- (Version vom 24.3.2023)