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grosse Idee der republikanischen Theokratie kann unter einem so erbärmlichen Volke nicht verwirklicht werden. Wie viele Generationen auch aufeinander folgen, keine genügt; die Gegenwart ist immer eine verlorne, und nur der Blick in die Zukunft erfrischt den gesunkenen Muth. Die ganze jüdische Geschichte ist ja nur Vorbereitung auf die christliche. Das ganze alte Testament ist nur die Verheissung des neuen. Die messianische Idee ist der goldne Faden, der sich durch das alte Testament fortzieht, ohne den es keinen Sinn hätte. Tiefe Sehnsucht aus dem Schlamme der Corruption, aus dem immerwährenden Zurücksinken in’s Heidenthum ist der poetische Charakter des Buchs der Richter und des Buchs Samuels, wie der späteren prophetischen Bücher. Diese Sehnsucht des alten Testamentes aber motivirt das neue.

Unsre wirre Zeit, in der so viel wieder mit allen Arten des Heidenthums gebuhlt wird, das Verband der Christen im Innern so tief gelockert und überall Kampf ist, hat viele Aehnlichkeit mit jener alten Zeit der Richter.


Richtschnur

oder Winkelmaass, Canon, daher alles Gesetzliche, auf giltigen Beschlüssen der Concilien und Verordnungen der Päpste Gegründete in der Kirche canonisch heisst, weil es den Gläubigen Maass und Richtschnur ist.


Ring,

Sinnbild einer ewigen Verbindung, sofern die Kreisform ohne Anfang und Ende (die sich in den Schwanz beissende Schlange) die Ewigkeit, der Ring als Glied an der Kette aber die feste Verbindung bedeutet. Daher uraltes Zeichen der ehelichen Verlobung, der Ring, den Braut und Bräutigam gegenseitig austauschen. Binterim, Denkw. VI. 2. 114, irrt, wenn er unter dem Brautring den Siegelring, das Zeichen der Beschliesserin, der künftigen Hausfrau versteht. — Der Brautring

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_272.jpg&oldid=- (Version vom 22.3.2023)