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gewährt, indem er für alle Menschen gestorben ist. Das lehrt das Beispiel des bekehrten Schächers, der mit Christo gekreuzigt wurde. Es sind aber ihrer zwei, und der andere bekehrt sich nicht, sondern stirbt in seiner Verstocktheit. So theilt sich die Menschheit durch eignen Willen und eigne Schuld auf den Wegen zum Himmel und zur Hölle.

Die Legende kennt mehrere Heilige, die auf die Räuber wirkten, wie Christus am Kreuz auf den frommen Schächer. Die wilden Naturen wurden gezähmt durch die Erscheinung heiliger Milde und Liebe. Das berühmteste Beispiel bot der heilige Amandus. Dieser Heilige, seines wahren Namens Heinrich Seuss oder Suso, 1300 zu Constanz am Bodensee geboren, empfing den Namen Amandus von seiner wunderbaren Schönheit, die so gross war, dass wilde Räuber, die ihn einmal im Walde überfielen, vor ihm niederknieten und ihm beichteten. Gott selber aber soll ihm den Namen Amandus gegeben haben, weil Suso, ganz erfüllt von Gottesminne, verdiente, auch wieder von Gott absonderlich geliebt zu werden. Suso liebte aber Gott zumeist unter der Gestalt der „ewigen Weisheit“, die ihn einst sichtbar mit einem Kranz blühender Rosen geschmückt haben soll. Er selbst sagt in seiner Lebensbeschreibung: „Willst du hoher Minne pflegen, so sollst du zu einem holdseligen Lieb die ewige Weisheit nehmen.“ Sein ganzes Leben war nun eingenommen von dieser Liebe, und was er in schwäbischer Sprache uns hinterlassen hat, das Buch von der ewigen Weisheit, das Buch von dem neuen Felsen und die Predigten (herausgegeben von Diepenbrock, Regensburg 1829), athmet nur diese mystische Liebe. Von ihr getrieben, schrieb er sich den Namen Jesu auf sein Herz mit so scharfen Stichen, dass das Blut herabrann, und trug acht Jahre lang ein schweres Kreuz mit Stacheln auf dem Rücken. Herder hat ihn besungen und Görres in der Vorrede zu der Ausgabe von Diepenbrock seine Seelenschönheit in’s volle Licht gestellt. Die Kirche verehrt ihn am 25. Januar.

Auch Alexander, der Akömet, ein syrischer Mönch des

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 257. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_257.jpg&oldid=- (Version vom 20.3.2023)