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eigenen Peiniger zu löschen, z. B. der heilige Venantius, oder um die heidnischen Mitgefangenen zu taufen. Zum Beweis der Heiligkeit entspringen Quellen da, wo das abgeschlagene Haupt eines Martyrers hinfällt, oder wo er seinen Stab in die Erde steckt.

Eine Quelle in der Höhle des heiligen Servulus bei Triest duldet keine Unreinigkeit, weil der Heilige hier in Jünglingsreinheit lebte. Jede Verunreinigung heiliger Quellen ist ein Frevel nach der christlichen Anschauung nicht minder, wie nach der ältern heidnischen; denn wenn auch das Wasser an sich nicht heilig ist, so hat es doch seine Weihe entweder durch das Heilige oder als ein von Gott zum Heil der Menschen geschaffenes Element, das derselbe nicht zum Unheil werden lassen soll. Eine der ältesten Kirchen in Schleswig ist die zu Sieversted. Hier taufte der heilige Poppo die ersten Christen in einer Quelle. Nachher kam einmal ein Reiter, liess sein Ross aus der Quelle trinken und wünschte, das Ross möchte das Wasser verunreinigen, zum Hohne des Heiligen. Das Ross that es auch, konnte aber sammt dem Reiter nicht mehr von der Stelle, bis letzterer gelobte, sich selbst taufen zu lassen und den Christen hier eine Kirche zu bauen. Müllenhoff Nr. 536.

Die christliche Wahrheit im Kampf mit der Täuschung, Lust und Gewalt der Welt wird verglichen mit dem reinen Brunnquell, gegen den ein überschwemmter Fluss anströmt. Archippus, ein frommer Knabe, pflegte eine Heilquelle, die da entstanden war, wo der Apostel Johannes einmal gepredigt hatte. Da leiteten die Heiden aus Schadenfreude den nahen Fluss Chrysus herbei, um durch das wilde Wasser desselben die Heiligkeit des Brunnens auszutilgen; aber das inständige Gebet des Knaben rief den Engel Michael herbei, der die anstürmenden Wasserwogen mit der Hand aufhob und ein Erdbeben bewirkte, in dessen Folge sich eine Erdschlucht öffnete, wohinein der Fluss in einem grossen Wirbel seitdem zu verschwinden verdammt war. Surius zum 29. September.

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Wolfgang Menzel: Christliche Symbolik. Zweiter Theil. G. Joseph Manz, Regensburg 1854, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Christliche_Symbolik_(Menzel)_II_252.jpg&oldid=- (Version vom 19.3.2023)